ZDF-Mediathek: »Himmel & Erde«

»Himmel und Erde« (Serie, 2022). © ZDF/Nataliia Khalan

Folge 5: »Sonnenblumen im Februar«. © ZDF/Nataliia Khalan

Berichte aus dem Exil

Lexika mit Fachbegriffen aus der Filmwelt müssen um einen bislang wohl unbekannten Eintrag ergänzt werden: »Fachberatung Aufenthalts- & Arbeitsformalitäten« (verantwortlich dafür: Katharina Spiering). Denn vielleicht ereignet sich künftig häufiger, was in zwei ZDF-Hauptredaktionen ausgeheckt wurde: eine fünfteilige Serie – eigentlich Reihe, denn die Geschichten hängen nicht zusammen – von Ukrainer:innen, die nach Deutschland geflüchtet sind oder bereits länger hier leben. »Himmel & Erde«, durchweg auch mit dem ukrainischen Titel »Небо та Земля« versehen, spielt auf die ukrainische Flagge an – blau für den Himmel, gelb für die Felder mit reifem Getreide.

Die fünf Episoden, im Schnitt 20 Minuten lang, entstanden binnen weniger Monate. Das ZDF taufte diese schon früher praktizierte Produktionsform »Instant-Serie«. Die Geschichten spielen ganz oder teilweise in Deutschland, erzählen von den Erfahrungen der Geflüchteten. Es sind Miniaturen, Kurzgeschichten. Unspektakulär, aber oft eindringlich, weil Authentizität durchdringt. Wie in der Auftaktfolge »Olja und Petja« kommt oft das Videohandy zum Einsatz, um zwei Schauplätze zu verknüpfen. Über die Entfernungen hinweg werden Ehen geschlossen, Geburtstagswünsche, Liebeserklärungen übermittelt. In der Folge »Sonnenblumen im Februar« basiert die ganze Handlung auf Telekommunikation: Die ukrainische Tierärztin Lisa (Kate Molchanova) und die Fotografin Andrea (Thea Rasche) sind in Kyiv verabredet. Es wäre ihr erstes persönliches Treffen gewesen. Aber dann erfolgt der russische Einmarsch. Andrea veranlasst Lisa zur Flucht und bringt sie in ihrem Berliner Loft unter. Sie selbst bleibt, macht Fotos vom Krieg und sieht sich zu Lisas Kummer und Verärgerung in der Verantwortung, Gräuel und Leid zu dokumentieren.

Durch alle Folgen hindurch ist eine gewisse Traurigkeit der Protagonist:innen spürbar, zuweilen mit Neigung zur Depression. Ein zweiter wiederkehrender Gemütszustand: das schlechte Gewissen, in Sicherheit zu sein, während in der Ukraine gekämpft, gelitten, gestorben wird. Aber in die Melodramatik mischen sich auch humoristische Töne. In Folge 3 wird die zehnjährige Ukrainerin Vika (Anna Cheban) von einer Sachbearbeiterin gelobt: »Dein Deutsch ist ziemlich gut.« Die Riposte des aufgeweckten Mädchens: »Danke. Ihres auch.«

Auffällig ist bei allen Geschichten, dass wir Deutsche überwiegend positiv dargestellt werden. Manchmal, wie bei der Beamtin Sabine (Anna Böger), deutet sich eine Karikatur an, am Ende verhält sie sich aber sehr sympathisch. Im richtigen Leben geht es oft anders zu. Da kann man gereizte Verkäufer:innen beobachten, die im Umgang mit gebrochen Deutsch sprechenden Kundinnen die Geduld verlieren.

Ganz wertfrei muss man festhalten, dass den ukrainischen Filmschaffenden eine besondere Vergünstigung zuteilwurde. Warum eigentlich wird so ein Projekt nicht auch mit Syrer:innen, Afghan:innen, Äthiopier:innen realisiert?

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