DVD-Tipp: »Benedetta«

© Koch Films

Reicher Kontext

Nach »Black Book« und »Elle« ist »Benedetta« die dritte schöne, willensstarke Frau in Folge in den männerdominierten Welten von Paul Verhoeven: Auch für die von Virginie Efira ein bisschen zu engelhaft schön gespielte Nonne, die sich in der frauenfeindlichen Welt der Renaissance mit 30 die Führungsposition einer Äbtissin erobert, geht es um Macht und weibliche Selbstermächtigung unter widrigen Umständen. Im Making-of erzählt Paul Verhoeven, wie er nach Sharon Stone nun auch Virginie Efira, auf der Basis einer kleinen Rolle im vorherigen Film – in »Elle« spielte sie eine sehr gläubige Frau mit düsteren Komponenten – zum Star seines nächsten Films machte. 

Die explosive Kombination von tiefer Gläubigkeit und sexuellem Begehren sind die Spezialität von Verhoeven, der von den Kräften der Religion fasziniert ist, aber an die Wissenschaft glaubt. Den Stoff, ein Sachbuch, das auf realen Prozessakten eines Falles von lesbischer Liebe im Kloster von 1622 bis 1625 basiert, hat der holländische Drehbuchautor Gerard Soeteman, Verhoevens langjährig verlässlicher Kollaborateur, an ihn herangetragen. Doch dann gingen die Vorstellungen so weit auseinander, dass »Elle«-Autor David Birke übernahm. Gerade weil der Film nicht zu den stärksten des Regisseurs gehört, lohnt sich das Mediabook, schon wegen des verständniserweiternden Booklets, das Marco Heiter und Laura Erler dieses Mal gemeinsam verfasst haben. Sie sensibilisieren für die Kräfte, die unter den Oberflächen des Films wirken, für das, was dem männlichen Blick auf die Erotik der Frauen widerspricht, für das vergnügte Spiel zwischen nunsploitation und anspruchsvollem Arthouse, den Mythos von Daphne, Foucaults Abhandlung über das Kloster als Modell für Gefängnisse, Calvinos Gedanken über die Darmentleerung, die Ikonographie des Blutes, den Umgang mit Tiermotiven und für die Abweichungen von den historischen Ereignissen, vor allem am Ende. Das ist ein reicher Kontext, der den Film auch innerhalb Verhoevens Werk aufwertet.




VÖ: 24. Februar 2022

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