DVD-Tipp: »Rosen blühen auf dem ­Heidegrab« (1952)

»Rosen blühen auf dem Heidegrab« (1952)

»Rosen blühen auf dem Heidegrab« (1952)

Überfällige Wiederentdeckung

Für mich war er die Entdeckung der Locarno-Retrospektive 2016, dem geschmähten westdeutschen Nachkriegsfilm gewidmet, ein Heimatfilm voller Düsternis, diametral entgegengesetzt zur Verklärung, die man sonst mit diesem Genre verbindet. Eine junge Frau, bedrängt von einem älteren Mann, der sie schließlich vergewaltigt, ihr Vater, der von »Zucht« und »Anstand« redet und sich seine Tochter gut als Ehefrau dieses Bauern vorstellen kann, dieses Vergewaltigers, der keine Reue zeigt, sondern sich mit dem Vater des Mädchens darüber einig ist: »Die Liebe kommt schon später.« Eine aufwendige Rückblende verknüpft das mit Wilhelmina, einem Mädchen des Dorfes, das einen Offizier der schwedischen Besatzer im Dreißigjährigen Krieg nach ihrer Schändung ins Moor führte, beide starben, woraufhin ein Unbekannter einen Grabstein für sie errichtete (der dem Film den Titel gibt). Eine Legende, der zu folgen nun auch Dorothee als einzigen Ausweg sieht. Wenn der Nebel über dem Moor wallt, wenn der Bauer Eschmann dem Mädchen in der Nacht ins Moor folgt, sie selber geistesabwesend die Worte »Das Moor ruft« sagt, wenn Georg Lehn als Schäfer die Legende von Wilhelmina beschwört, dann werden Erinnerungen wach, an die dunkle Fantastik, an Frank Wisbars letzten Film vor der Emigration, »Fährmann Maria« (1936), aber auch an Jacques Tourneurs »I walked with a Zombie«. Darüber hinaus sind eine Reihe anderer Figuren einprägsam gestaltet, zwischen Selbstbewusstsein und Leidenschaft die Magd Fiete, zu der der Bauer Eschmann ein von Gewalt geprägtes sexuelles Verhältnis hat, der Architekt Ludwig, der zwar als idealer Ehemann für Dorothee erscheint, aber in seinem preisgekrönten Entwurf für eine moderne Zweizimmerwohnung keinen Platz für ein Schlafzimmer, nur für zwei Mal eine (Klapp-)Couch hat.

Gewürdigt bereits von Claudius Seidl 1987 und 1989 im Begleitband der Frankfurter Ausstellung zum westdeutschen Nachkriegsfilm, wurde der Film wohl durch eine Publikation des Münchner Filmmuseums 1982 wiederentdeckt (Redaktion: Ulrich Kurowski, Thomas Brandlmeier). Die DVD verfügt über den Trailer und – selten genug – über deutsche und englische Untertitel. Schwachpunkt ist das Booklet, das weder einen Kontext noch eine Gegenwartsperspektive enthält.


Rosen blühen auf dem Heidegrab. BRD 1952. R: Hans H. König. Da: Ruth Niehaus, Hermann Schomberg, Armin Dahlen. Anbieter: Filmjuwelen.

VÖ: 30. April 2021

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