DVD-Tipp: Revolutions-Filme

»Walker« (1987). © Koch Films

»Walker« (1987). © Koch Films

Enttäuschte Hoffnungen

Bilder von Demonstrationen auf deutschen Straßen, das sind heute fast immer Bilder von Corona-Leugnern und populistischen, rechtsgerichteten Parolen. Zeit, sich daran zu erinnern, dass es einmal anders war, dass sogar das Hollywoodkino von erfolgreichen Protesten gegen Diktatoren und von gelungenen Revolutionen erzählte. Oder hat man das in der Erinnerung verklärt? Ein neuer Blick auf fünf alte Filme, entstanden zwischen 1952 und 1987.

Bei Elia Kazans »Viva Zapata!« (1952) hat man natürlich Kazans Auftreten als »freundlicher Zeuge« (sprich: Denunziant) vor dem McCarthy-Ausschuss zur Untersuchung unamerikanischer Umtriebe vor Augen – handelt der Film vom (zwangsläufigen) Scheitern einer Revolution? Wenn der Bauernanführer Emiliano Zapata zum mexikanischen Präsidenten aufgestiegen ist und Bauern die sofortige Veränderung fordern, umkringelt er auf der Liste der Bittsteller den Namen ihres Sprechers – und erinnert sich im selben Augenblick daran, dass der vormalige Präsident Porfirio Díaz, den die Revolution gestürzt hat, einst dasselbe mit seinem Namen machte. Am Ende bleibt der Film, zwischen kraftvollen Massenszenen und dem guilty pleasure der Hochzeitsnacht (in der Zapata seine Frau bittet, ihm Lesen beizubringen; Drehbuch: John Steinbeck), ambivalent, man versteht, warum in den siebziger Jahren in kommunistischen Zirkeln debattiert wurde, ob er ein fortschrittlicher Film sei.

Um das Thema der verratenen Revolution geht es explizit in dem Animationsfilm »Animal Farm« (1954), basierend auf George Orwells Romanabrechnung mit dem stalinistischen Terror. Doch wo Orwells Fabel mit dem Moment endet, in dem die Tiere erkennen, dass die Schweine, die sich zur herrschenden Klasse aufgeschwungen haben, nicht mehr zu unterscheiden sind von den Menschen, die sie zuvor geknechtet haben, da folgt im Film die Revolte. Damals ein vom Produzenten erwünschtes Happy End, heute im Licht des Jahres 1989 geradezu prophetisch. Mit einem niedlichen Küken, das als comic relief dient, zollt der Film der Disney-Tradition Tribut, aber ansonsten geht diese britische Produktion, finanziert aus den USA (und nicht unwesentlich von einer CIA-Tarnorganisation, wie später bekannt wurde) ganz eigene ästhetische Wege, mit realistisch gezeichneten Figuren und durchaus brutalen Szenen, in denen Tiere zu Tode kommen. Zum Bonusmaterial gehört ein höchst informativer Audiokommentar des Animationsfilmhistorikers Brian Sibley.

 »I don't take sides, I take pictures«, sagt der Fotojournalist Russell Price in der Tradition von Bogarts legendärem »Casablanca«-Statement »I stick my neck out for nobody«. Natürlich kommt es anders, schließlich wird Price sogar mittels eines manipulierten Fotos den Kampf gegen das verhasste Somoza-Regime in Nicaragua unterstützen. Und ein anderes seiner Fotos sorgt dafür, dass die USA ihre Unterstützung des Regimes einstellen (was auf einer wahren Geschichte basiert). Sieht man »Under Fire« (1983) heute wieder, so hat man natürlich auch das Trauerspiel im Kopf, zu dem sich die sandinistische Revolution entwickelte, als sich zuletzt die Familie des einstigen Revolutionsführers Ortega ähnlich aufführte wie die von Somoza. Doch der Film hat sich gut gehalten, wegen der ethischen Fragen, die er aufwirft, und weil die Figuren so präzise umrissen sind, nicht nur die drei Protagonisten, sondern auch Jean-Louis Trintignant (in Diensten der CIA) und Ed Harris als Söldner.

Fünf Jahre später verkörpert Harris eine Variation dieser Rolle, eine historische Figur, William Walker, einen Glücksritter, der Mitte des 19. Jahrhunderts im Auftrag des Milliardärs Cornelius Vanderbilt in Nicaragua einfiel und sich schließlich zum Präsidenten erklärte. Regisseur Alex Cox hatte für seinen vierten Film »Walker« (1987) das Geld eines Hollywoodstudios und lieferte ein Werk ab, das sein Desinteresse an einer Karriere in Hollywood deutlich machte. Er inszeniert Walkers Treiben als überdrehte Burleske, in die er auch immer wieder die Gegenwart einbrechen lässt. Das gut ausgestattete Mediabook bietet auf einer Bonus-Disc mehr als 60 Minuten Dokumentationen über die Entstehung des Films.

William Walker als Drahtzieher im Auftrag von Regierungen und Wirtschaftsinteressen stand bereits 1969 im Mittelpunkt von »Queimada« – verkörpert von Marlon Brando als eiskaltem Strategen, der eine Antilleninsel vom portugiesischen Kolonialismus befreit und immer dann zur Stelle ist, wenn eine neue Regierung gebraucht wird, unter der sich britische Handelsinteressen besser entfalten können. Verständlich, dass die Geldgeber in Hollywood den fertigen Film des Marxisten Gillo Pontecorvo erst einmal im Giftschrank verschwinden ließen, wie Co-Autor Giorgio Arlorio in einem ausführlichen Interview berichtet, und dann in den USA nur in einer 17 Minuten kürzeren Fassung (auf der Blu-ray ebenfalls enthalten) herausbrachten.

Marlon Brando als Mexikaner in »Viva Zapata!«, Renato Salvatori als Antillenbewohner in »Queimada«, beide mit dunkel geschminkten Gesichtern, das wirkt 2021 natürlich befremdlich. Dennoch: Alle fünf Filme sind eine Wiederentdeckung wert.

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