Buch-Tipp: Lawrence Schiller – Marilyn & Me

Die Frau, die Kamera, der Pool

Einen unauslöschlichen Eindruck hat Marilyn Monroe bei jedem hinterlassen, der ihr begegnet ist. Das gilt für Colin Clark, der sie als Regieassistent von Lawrence Olivier bei den Dreharbeiten von The Prince and the Showgirl erlebte und darüber zwei Bücher schrieb, von denen »My Week with Marilyn« 2011 verfilmt wurde. Und es gilt auch für den Fotografen Lawrence Schiller, der sie als sehr junger Fotograf im April 1960 auf dem Set von »Let's Make Love« und zwei Jahre später noch einmal auf dem von »Something's Got to Give« vor seine Linse bekam: »Der Ton von Marilyns Stimme klingt mir immer noch im Ohr«, erinnert sich Schiller. »Wer sie einmal persönlich gehört hat, vergisst diese Stimme nie.«

Unter dem Titel »Marilyn & Me« ist diese Begegnung jetzt in Wort und Bild zugänglich. Schillers Fotos sind nicht ganz so glamourös und magisch wie die von Bert Sterns »The Complete Last Sitting«, in manchen wirkt Marilyn geradezu fremd. Ausgesprochen interessant ist die Veröffentlichung trotzdem, vor allem im Hinblick auf das Verhältnis von Kamera und Star, von Fotograf und Modell. »You are already famous, and now you're making me famous«, sagt Schiller und rekapituliert rückblickend: »Sie hat die Wirkung des Lichts besser verstanden als ich. Es war fast so, als wäre sie zugleich Jäger und Beute.« Von einer Swimmingpoolszene versprach sich der Fotograf im Frühjahr '62, wenige Wochen vor Marilyns Tod, besonders viel. Sonderlich sympathisch kommt er nicht rüber, auf der Jagd nach den Nacktfotos, die ihn reich machen sollten. Besonders unangenehm wirkt er in seinem umtriebigen Verhandlungsgeschick bei der konkurrenzlosen Vermarktung; man spürt, das ist die Schwelle zum modernen Paparazzi-Übel. Und doch erzählen die Fotos, in denen das Wasser auf Marilyns Haut glitzert und der Schwung von Hüfte, Taille und Rücken perfekt zur Geltung kommt, ein ausklappbares farbiges Centerfold, in dem ihr weißblondes Haar mit dem leuchtenden Blau des Wassers kontrastiert, dass sie genau wusste, was sie da tat. Anders als vor der Filmkamera, vor der sie sich unsicher und verletzlich fühlte, konnte sich ihr Selbstbewusstsein vor dem Fotoapparat frei entfalten. Fast 60 Jahre nach ihrem Tod wirkt sie auf diesen Bildern noch immer ganz und gar gegenwärtig.

 

Lawrence Schiller: Marilyn & Me. Taschen Verlag, Köln 2020. 200 S., 50 €.

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