Nahaufnahme von Simon Schwarz

Beste zweite Geige
Simon Schwarz mit Sebastian Bezzel in »Grießnockerlaffäre« (2017). © Constantin Film

Simon Schwarz mit Sebastian Bezzel in »Grießnockerlaffäre« (2017). © Constantin Film

Simon Schwarz kennt man vor allem aus Nebenrollen, an der Seite von Josef Hader in den ­Brenner-Verfilmungen oder an der Seite von Sebastian Bezzel in der Provinzkrimireihe von Rita Falk, aber die füllt er meist mit so viel Begeisterung aus, dass man ihm mehr Hauptrollen wünscht

Er ist das Salz in der Suppe; er steuert die Grundwürze bei, jenes gewisse Etwas, dessen Fehlen auffällt, das sich aber nicht in den Vordergrund drängt. Er ist ein idealtypischer Schauspieler, insofern er keiner ist, der den Kollegen die Szene stiehlt, keine Rampensau also, aber doch einer, der Farbe und Abwechslung ins Ensemble bringt und dafür sorgt, dass es auch im Hintergrund und im Drumherum lebendig zugeht. Man würde ihn gern öfter im Zentrum stehen sehen, nicht, wie meist, knapp daneben.

Aber Simon Schwarz ist nun mal kein romantischer Held und für die Rolle des Leading Man fällt er einem auch nicht als Allererstes ein. Das mag am nur mehr licht behaarten Haupt liegen oder an der Brille oder am Bauchansatz oder eben daran, dass er halt einfach nicht aussieht wie Adonis oder Herkules. Eher sieht Simon Schwarz aus wie ein ganz normaler Mann mit ganz normalen Macken; weswegen er im Charakterfach auch viel besser aufgehoben ist. Dort agiert er dann meist mit Schlagseite ins Komische und stellt sicher, dass es auch unter herausfordernden Umständen nicht allzu bitter und bierernst wird.

»Leberkäsjunkie« (2019). © Constantin Film

Die Helden und die Liebhaber aber, die können sich entspannt zurücklehnen, wenn sie einen wie ihn an ihrer Seite haben. Wie im Übrigen auch all die anderen ganz normalen Männer mit ganz normalen Macken, mit denen zusammen Schwarz ganz hinreißende Spezl-Duos bildet; Zeugnisse ewiggültiger Busenfreundschaften, deren Unverbrüchlichkeit unter anderem damit belegt wird, dass man(n) sich ohne Zögern allerhand Unerquickliches gegenseitig an den Kopf werfen kann und im Fall des Falles dennoch zueinandersteht.

Eines dieser Traumpaare findet sich seit 2013 in Ed Herzogs Verfilmungen der Provinzkrimireihe von Rita Falk – derzeit aktuell in den Kinos: »Leberkäsjunkie« – und setzt sich zusammen aus Rudi Birkenberger (Schwarz) und Franz Eberhofer (Sebastian Bezzel). Letzterer Kriminaler im niederbayerischen Niederkaltenkirchen, ersterer dessen bester Freund von Anbeginn an und nunmehr bevorzugt in München als Privatdetektiv tätig. Zur Aufklärung der lästigerweise immer wieder seinen Weg kreuzenden Verbrechen greift der Eberhofer nicht selten auf die Unterstützung des Birkenberger zurück, was diesen aufgrund seines enthusiastischen Naturells regelmäßig in schlimme, oft sogar todesgefährliche Bredouillen bringt; aus denen ihn der Eberhofer sodann mit sicherem Instinkt, wenngleich eher nebenher, wieder heraushaut.

Ein weiteres bekanntes Freundesgespann bilden Schwarz und Josef Hader als Berti und Brenner in Wolfgang Murnbergers Verfilmungen der Rolf-Haas-Romane »Komm, süßer Tod« (2000), »Silentium« (2004) und »Der Knochenmann« (2009). Auch hier entsteht die Dynamik der Handlung aus der Wurschtigkeit und die der Emotionen aus den semi-gegrantelten Schlagabtäuschen der Protagonisten.

»Der Knochenmann« (2009). © Majestic Filmverleih

Dabei ist es insgesamt doch eher der Enthusiasmus, der eine Schwarz'sche Figur auszeichnet: eine mitunter etwas naiv wirkende Begeisterungsfähigkeit, die in wilden Aktionismus münden kann, der beim Gegenüber dann auch schon mal spöttische Reaktionen hervorruft. Und darauf, dass man ihn nicht ernst nimmt, reagiert der Schwarz'sche Mann mit Verblüffung und Unverständnis, denn eigentlich meint er es ja nur gut. Oder zumindest nicht böse. Jedenfalls nicht richtig.

Geboren wurde Simon Schwarz am 10. Januar 1971 als Sohn eines Theaterwissenschaftlers und einer Germanistin in Wien; ein künstlerischer Beruf mag da naheliegen, und Schwarz fackelt nicht lange und absolviert eine Tanzausbildung unter anderem in Zürich und ein Schauspielstudium unter anderem an der Hochschule Ernst Busch in Berlin. Nach Theaterengagements in Luzern, Basel und Klagenfurt gibt er 1996 in Stefan Ruzowitzkys Erstling »Tempo« sein Filmdebüt. Zwei Jahre später macht er sich mit seiner Rolle in »Die Siebtelbauern« – Ruzowitzkys zweite Arbeit und eine der Wegmarken des Neuen Heimatfilms – einem größeren Publikum bekannt. Für seine Darstellung des Lukas Lichtmess – Findelkind, Analphabet, Knecht, der Bauer sein will – wird er beim Max-Ophüls-Festival mit dem Preis als bester Nachwuchsschauspieler ausgezeichnet.

In dieser Figur ist bereits angelegt, was den Kern von Schwarz' schauspielerischer Persona ausmachen wird: gut gelaunter Mutwille, der ins Schalkhafte reicht, und unbeschwerte Leutseligkeit, die so lange nichts Übles ahnt, bis es beinahe zu spät ist. Im Laufe der Jahre gesellt sich zu dieser lebensfrohen Mischung noch eine gewisse Schlitzohrigkeit, mit der Schwarz insbesondere die halbseidenen Figuren seines Repertoires ausstattet; wie beispielsweise den windigen Lokalpolitiker Katzlbrunner im österreichischen Serienmeilenstein »Braunschlag« (2012).

Simon Schwarz ist ein Vielspieler; Stand Juli 2019 verzeichnet die Internet Movie ­Database unter seinem Namen 51 Kino- und 75 Fernsehcredits quer durch alle Genres und vom Gastauftritt bis zur tragenden Rolle. Zurückzuführen sei diese rastlose Tätigkeit unter anderem darauf, so Schwarz im Gespräch mit dem österreichischen Satirikerduo Stermann & Grissemann (im Oktober 2018 in der Sendung »Willkommen Österreich«), dass ihm die Premiere, also das Fertige, weniger wichtig sei als der Weg dorthin. Das eigentlich Faszinierende an der schauspielerischen Arbeit sei das Ausprobieren, das Erkunden der Möglichkeiten der Figur. Also setzt er immer wieder neu an. Zuletzt, 2018, auch professionell, indem er bei »Zerschlag mein Herz«, dem Spielfilmdebüt der Regisseurin und Drehbuchautorin Alexandra Makarová – Schwarz' Lebensgefährtin seit 2012 – erstmals als Produzent fungierte. Kein einfaches Projekt, handelt es sich doch um eine mit Laien besetzte Liebesgeschichte unter Romani aus der Ostslowakei, aber ein Herzensprojekt. Es soll wohl auch nicht das letzte bleiben, denn, sagt Schwarz, »damit höre ich nicht mehr auf«.

Meinung zum Thema

Ihre Meinung ist gefragt, Schreiben Sie uns

Mit dieser Frage versuchen wir sicherzustellen, dass kein Computer dieses Formular abschickt