Netflix: »Hostage«

»Hostage« (Miniserie, 2025). © Netflix

»Hostage« (Miniserie, 2025). © Netflix

Unter Druck

Was Thriller angeht, bleibt die britische Serienbranche eine sichere Bank. Nirgends ist die Vielfalt größer und die Qualität höher, ob es nun um abgründige Spannung geht wie in »Dept. Q«, mit viel Action auf die Tube gedrückt wird à la »MobLand« oder in »Ellis« (neu in der ZDF-Mediathek!) doch eher gediegene Krimiunterhaltung angesagt ist. Nun bringt Netflix mit »Hostage« einen neuen Politthriller an den Start – und auch der enttäuscht nicht.

Im Zentrum der von Matt Charman (»Bridge of Spies«) erdachten Serie steht Abigail Dalton (Suranne Jones), die mit geradezu jugendlichem Elan, vielen Ambitionen und noch mehr an sie gerichteten Erwartungen das Amt der britischen Premierministerin übernommen hat. Acht Monate später steckt sie allerdings schon mittendrin in einer Krise: Erhebliche Mängel in der Versorgungskette mit wichtigen Medikamenten sorgen für massive Probleme im Gesundheitssystem und wachsende Unruhe in der Bevölkerung. Aus Frankreich könnte Hilfe kommen, doch die dortige Präsidentin Vivienne Toussaint (Julie Delpy) stellt im Gegenzug reichlich überzogene Forderungen mit Blick auf Grenzkontrollen und die britische Einwanderungspolitik.

Als die um ihre Wiederwahl kämpfende und sich entsprechend zusehends dem rechten Rand annähernde Toussaint zum Staatsbesuch nach London kommt, ist die Stimmung an allen Fronten angespannt. Doch dann wird Daltons Ehemann Alex (Ashley Thomas), der mit den »Ärzten ohne Grenzen« auf Mission in Südamerika ist, gemeinsam mit Kolleg*innen entführt. Die Forderungen der Kidnapper stehen in unmittelbarem Zusammenhang mit der politischen Situation in Großbritannien – und weil sie sich auf dem Boden von Französisch-Guyana befinden, könnte auch in diesem Fall Toussaint die Rettung sein. Doch die Situation entpuppt sich bald als deutlich vertrackter.

Gerade einmal fünf Episoden umfasst »Hostage«, und tatsächlich ist dies einer der seltenen Fälle, in denen das fast zu wenig ist. Doch natürlich ist das flotte Tempo, das keinen Platz für erzählerische Durchhänger lässt, letztlich eine der großen Stärken der Serie. Genauso wie die Vielzahl der unerwarteten Wendungen und Überraschungen, die in dichter Folge kommen und den Plot konstant spannend halten.

Die insgesamt recht reibungslos funktionierende Mischung aus Thriller und aktuell gehaltener Politik sowie allerlei Familiendrama (in das unter anderem Daltons Tochter und ihr kranker Vater, aber auch Toussaints von Corey Mylchreest gespielter Stiefsohn involviert sind) ist nicht gänzlich ohne Schwächen. Die Motivation der Täter*innen hätte ausgefeilter sein können, und nicht zuletzt Dalton ist als Figur etwas zu idealisiert dargestellt. Aber Suranne Jones, die auch als Produzentin beteiligt ist, erweist sich wie schon in »Gentleman Jack« oder »Vigil« als ausgesprochen einnehmende Protagonistin. Und in Sachen Spannung und geschliffenen Dialogen kann »Hostage« mit vergleichbaren Produktionen wie »Bodyguard« oder »The Capture« locker mithalten.

OV-Trailer

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