All-alal? Wrdlbrmpfd!

Unsere "steile These" des Monats Dezember
Til Schweiger in »Keinohrhasen« (2007)

Til Schweiger in »Keinohrhasen« (2007)

»I-vasion«? Okay, kann man sich denken. »Sie komm« – auch. Das ist schließlich ein Film über den D-Day, die Landung in der Normandie. Aber dann: »All-all ... Alal«? Was redet Hans-Christian Blech da? Verstehen ihn die Vorgesetzten im Hauptquartier, die er aufgeregt anfunkt? Tatsächlich spricht das ganze deutsche Lager im Kriegsfilm »Der längste Tag« ziemlich undeutlich. Aber John Wayne als Lt. Col. Vandervoort bei den Alliierten, der beherrscht Hochdeutsch und artikuliert gut. Wie kann das sein? Unter deutschsprachigen Filmschauspielern, vor allem den Männern, scheint mir, gibt es eine lange und stolze Tradition des Nuschelns und Murmelns, der tonlosen Rede. Hans Albers, Hans Moser, O. W. Fischer und Heinz Rühmann, Gert Fröbe, Götz George, Til Schweiger ­haben gemeinsam so viele Vokale verschluckt, dass eigentlich keine mehr übrig sein dürften. Vor allem Endungs-Es, die Stiefkinder unserer Sprache. Vielleicht soll das ein ästhetisches Statement sein. Oder diese Schauspieler brauchen keine Dialoge, weil sie Gesichter haben, wie Gloria Swanson in »Sunset Boulevard« sagt.

Angeboren ist das Nuscheln uns jedenfalls nicht. Denn auf der anderen Seite gibt es in Deutschland eine Kultur der Synchronisation, um die uns sogar die Amerikaner beneiden: Stimmen voller Volumen, modulationsfähig, dynamisch, auch im tiefen Bereich noch prononciert – wie die von John Waynes Stammsprecher Arnold Marquis. Oder die von Franziska ­Pigulla, die Gillian Anderson in »Akte X« synchronisiert: So würde sie selbst gern klingen, meinte Anderson.

Dass der Gap zwischen Schauspielern und Sprechern sich über die Jahrzehnte kaum verkleinert hat, ist mir wieder aufgefallen, als ich die Wachowski-Serie ­»Sense8« nachgearbeitet habe. Die spielt in acht Ländern, Indien, Mexiko, Island, mit internationalem Cast. Und wer nuschelt, verschleift und verschluckt? Die Berliner Combo um Max Riemelt und Maximilian Mauff. Es gibt einen Sketch, in dem Karl Valentin in eine Diskussion mit einem Schutzmann gerät. Er soll seinen Namen angeben. »Wrdl Wrdlbrmpfd«. Ein paar Vokale hätten dem Spiel gutgetan.

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