Apple TV+: »Down Cemetery Road«
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Im friedlich-verschlafenen Oxford führt eine Explosion zum Einsturz eines Wohnhauses, ein Ehepaar ist tot, ihre kleine Tochter verschwindet kurz darauf spurlos aus dem Krankenhaus. Das weckt die Neugier von Sarah, die als Restauratorin in einem Museum arbeitet und dem Mädchen zuvor auf ihrem Heimweg begegnet war. Ihre Nachforschungen stoßen auf Widerstand, bald gibt es einen Toten und ihr eigenes Leben gerät in Gefahr. Glücklicherweise erhält sie Unterstützung in Gestalt der Privatdetektivin Zoe Boehm. Ihr Unterfangen, das Mädchen in Sicherheit zu bringen, vor denen, die sie tot sehen wollen, führt sie auf einen Roadtrip bis zu einer kleinen schottischen Insel, die auf den meisten Karten gar nicht verzeichnet ist.
Nach dem Erfolg der Serienadaption von Mick Herrons »Slough House«-Buchreihe war es nur eine Frage der Zeit, bis auch seine zweite Buchreihe um die Oxforder Privatdetektivin Zoe Boehm ihren Weg in den Stream finden würde. Während die Veränderungen, die Showrunner Will Smith in den bisherigen fünf Staffeln von »Slow Horses« vornahm, meist zu einer Verdichtung führten oder aber für die Leser der Bücher hübsche Überraschungen bereithielten, tue ich mich schwer mit vielem von dem, was Showrunnerin Morwenna Banks aus dem ersten Zoe-Boehm-Roman gemacht hat. Einiges davon war notwendig, denn der erstmals 2003 erschienene Roman war Herrons erste Veröffentlichung. Offenbar kam ihm erst im Nachhinein die Idee, die Privatdetektivin zur Serienheldin zu machen, denn – bis auf das Finale – hat sie hier nur gelegentliche Auftritte, im Mittelpunkt steht Sarah. In der Verfilmung agieren die beiden Frauen über weite Strecken getrennt, erst in den letzten zwei Folgen kämpfen sie Seite an Seite.
Was der Stoff mit der »Slough House«-Reihe gemeinsam hat, ist das Vertuschen übler Geheimoperationen durch geheime Regierungsstellen. Die degradierten Agenten und Spione in »Slow Horses«, jede(r) mit eigenen Macken, geben allerdings ein interessanteres Personal ab als eine weitere weibliche Ermittlerin. Wohl deshalb hat man Zoe Boehm in der filmischen Adaption mit mehr Individualität ausgestattet – mit einer Igelfrisur, dem Verwenden von Flüchen und generell ruppigem Verhalten. Ein bisschen kommt das als Show-off herüber, so raumgreifend, wie Thompson auftritt – überhaupt wirkt der Humor erheblich forcierter als bei den »Slow Horses«. Interessanter ist die andere Hauptfigur: Sarah entwickelt sich erst langsam zu einer selbstbewussten und mutigen Kämpferin. Leider fordert das Drehbuch der Darstellerin Ruth Wilson zu oft einen Rückfall in alte Gewohnheiten ab, bis hin zum weinerlichen »I want to go home!«, wo wir sie seit ihrem Durchbruch als psychopathische Mörderin in der Serie »Luther« doch angenehm anders in Erinnerung hatten.
Wer die Verfilmung gesehen hat, kann sich von der Vorlage als alternativer Erzählung selbst ein Bild machen: Pünktlich zum Serienstart ist im Diogenes-Verlag das erste Buch erschienen, mit einem schönen Vorwort von Emma Thompson, die berichtet, wie sie den Roman vor 15 Jahren in der Buchhandlung entdeckte.
OV-Trailer








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