Filmgeschichte: Konrad Wolf
Über seine künstlerische Lebensleistung hinaus ist Konrad Wolf eine hochgeschätzte Symbolfigur des kulturellen Selbstverständnisses der DDR. Seit seiner Kindheit vom Antifaschismus geprägt, blieb er als Filmregisseur und langjähriger Präsident der Akademie der Künste Ost ein treuer Parteisoldat der SED, der u. a. die Ausweisung von Wolf Biermann guthieß, seinen direkten Zugang zum Regime jedoch als Fürsprecher für einzelne, von Zensur und Gängelei bedrohte Künstler nutzte und sich für offenere Kontakte mit westlichen Filmkulturen einsetzte. Die Filmuniversität in Potsdam-Babelsberg trägt seinen Namen.
1925 als Sohn des kommunistischen Schriftstellers und Arztes Friedrich Wolf und seiner Frau Else geboren, floh Konrad 1933 mit der Familie über Paris nach Moskau. Mit seinem Bruder Markus, später Chef des DDR-Auslandsgeheimdienstes, besuchte er dort die Schule, wurde sowjetischer Staatsbürger und nahm im Zweiten Weltkrieg am elend langen Vormarsch der Roten Armee auf Berlin teil.
Inspiriert vom eigenen Kriegstagebuch erzählt sein Film »Ich war neunzehn« (1968) mit präzisem Zeitkolorit und psychologischem Feingefühl vom harten Kampf gegen versteckte Nazi-Nester in der Kleinstadt Bernau, wo Konrad Wolf für kurze Zeit sowjetischer Stadtkommandant war.
Bis 1947 sowjetischer Kulturoffizier, studierte er danach an der Moskauer Filmhochschule WGIK. Sein Diplomfilm »Einmal ist keinmal« (1955), eine Musikkomödie aus der ostdeutschen Provinz, zugleich sein Einstieg in eine keineswegs gradlinige Karriere im DEFA-Filmstudio, blieb der einzige Ausflug ins damals in West und Ost beliebte Genre Heimatfilm.
Vierzehn thematisch und visuell sehr unterschiedliche Spielfilme, zuletzt ein unvollendetes Dokumentarfilmprojekt über den Liedersänger und Spanienkämpfer Ernst Busch, prägen Konrad Wolfs, durch seinen frühen Tod 1982 abgebrochene Filmografie.
Faschismus und Krieg ließen ihn in seinen nuancenreichen Zeitporträts nicht los. »Genesung« (1956) schildert einen Hochstapler, der als vorgeblicher Arzt versucht, der Front zu entkommen. In »Lissy« (1957) wandelt sich die Frau eines SA-Mannes zur Widerständlerin, in »Professor Mamlock« (1961), einer Stückvorlage seines Vaters, zerreißt der Nazi-Aufstieg eine Familie. In »Sterne« (1959) – einem der besten 100 Filme der Filmgeschichte – lernt ein deutscher Soldat, sephardischen Jüdinnen vor der Deportation nach Auschwitz zu helfen. »Mama, ich lebe« (1976) beschreibt junge deutsche Kriegsgefangene, die sich entscheiden, mit der Roten Armee zusammenzuarbeiten.
»Sonnensucher« (1958), Wolfs kritischer Blick auf den sowjetischen Uranbergbau in der DDR, fiel unter die DEFA-Verbotsfilme, »Leute mit Flügeln« (1960) über einen Nazi-Flugzeugkonstrukteur, der sich für den zivilen Flugzeugbau der DDR einsetzt, verschwand mit dem Abbruch des realen politischen Projekts. Christa Wolfs Erzählung »Der geteilte Himmel« (1963) über die Krise eines DDR-kritischen Studentenpaars vor der Entscheidung zu gehen oder in der DDR zu bleiben, wurde für Konrad Wolfs existentialistischen, an Alain Resnais geschulten Stil stark kritisiert.
Unvergessen bleiben seine Außenseiter: »Goya« (1971), der Hofmaler, der seine Solidarität mit dem Volk entdeckt, »Der nackte Mann auf dem Sportplatz« (1974), Wolfs Liebeserklärung an einen melancholischen Bildhauer im Zwist mit dem sozialistischen Realismus, nicht zuletzt »Solo Sunny« (1980), das bissig treffende Porträt einer Berlinerin im Kampf um ihre Chance im spießigen Musikbetrieb der DDR-Provinz.
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