Amazon: »Überkompensation«

»Überkompensation« (Serie, 2025). © Amazon Content Services LLC.

© Amazon Content Services LLC.

Alles für die Fassade

Der Trend zu Comedyserien, deren Schöpfer*innen die eigene Biografie als Hauptinspiration für ihre Geschichte nutzen, hält weiter an. Neuestes Beispiel: »Überkompensation« von Benito Skinner, der als Comedy-Creator auf Social-Media-Plattformen und Podcaster begann und das autobiografische Erzählen bereits mit einem Bühnenprogramm gleichen Namens erprobte.

In seiner ersten Serie spielt Skinner Benny, der gerade die Highschool hinter sich hat und nun ins aufregende, Freiheit und Selbstständigkeit versprechende Collegeleben startet. Vom Auftreten als selbstbewusster Footballstar bis hin zur Studienfachwahl hat er bislang stets allen von außen an ihn herangetragenen Erwartungen entsprochen. Mehr noch: Bennys Motto ist – der Titel deutet es an – die Überkompensation. Denn schon seit er als Knirps vor dem Fernseher für den halbnackten Brendan Fraser in »George of the Jungle« zu schwärmen begann und Britney Spears den Soundtrack seiner Kindheit lieferte, ist sein oberstes Ziel, dass niemand mitbekommt, dass er eigentlich schwul ist.

Um als echter Hetero-Bro durchzugehen, versucht Benny nicht nur, dem Freund (Adam DiMarco) seiner am selben College studierenden älteren Schwester (Mary Beth Barone) nachzueifern, sondern will natürlich auch alsbald eine Kommilitonin »flachlegen«. Da trifft es sich gut, dass auch die unerfahrene Außenseiterin Carmen (Wally Baram) schnellstmöglich Sex haben will. Die erste gemeinsame (Party-)Nacht verläuft aber natürlich nur bedingt erfolgreich. Und dass immer wieder der niedliche Filmstudent Miles (Rish Shah) Bennys Weg kreuzt, macht das Unterdrücken gewisser Gefühle nicht leichter.

»Überkompensation« ist viel mehr als bloß eine Coming-out-Komödie à la »Love, Victor«, geht es hier doch um die sehr spezifische Erfahrung, wie jemand seine Identität nicht unterbewusst hinter Zurückgezogenheit und Unbeholfenheit versteckt, sondern hinter einer Fassade übertriebener Angepasstheit. Besonders ist aber auch der Tonfall, der wenig Platz lässt für die Melancholie und Tragikomik vieler anderer autofiktionaler Serien der vergangenen Jahre.

Skinner hat dagegen großen Spaß daran, ohne falsche Zurückhaltung die in Hollywood allzu oft arg glatt polierte Darstellung des Campusalltags auf den Kopf zu stellen und sich dabei nicht zuletzt eines klassisch-derben Gross-out-Humors zu bedienen. Gepaart mit einer schier endlosen Parade popkultureller Gags und Anspielungen, die von Nicki-Minaj-Lyrics und einer Verneigung vor Megan Fox in »Jennifer's Body« bis hin zu Gastauftritten von James Van Der Beek oder Charli XCX reichen, ergibt das eine Comedyserie, die so dezidiert wie kaum eine andere vom Gen-Z-Dasein erzählt.

Dass Skinner und manche Co-Stars dabei unübersehbar eine ganze Ecke zu alt sind, um Studienanfänger*innen zu verkörpern, ist natürlich Teil des Konzepts. Denn neben deftigen Sex-Scherzen und rührender Niedlichkeit ist auch noch Platz für erfrischend viel beiläufige Absurdität.

OV-Trailer

Meinung zum Thema

Ihre Meinung ist gefragt, Schreiben Sie uns

Mit dieser Frage versuchen wir sicherzustellen, dass kein Computer dieses Formular abschickt