Film des Monats Juni: »Im Prinzip Familie«
Nur »betreuer-traurig« sei sie, sagt Frau Wagner, wenn eines der Kinder die Wohngruppe verlässt, nicht richtig traurig, weil die Kinder ja zu ihren Familien zurückkehren sollen. Gemeinsam mit zwei Kollegen ist sie für fünf Jungen da, die nicht bei ihren Eltern leben können. Ihre Wohngruppe in Brandenburg ist »im Prinzip Familie«, und das wird beim Weihnachtsfest oder der Jugendweihe ebenso deutlich wie beim Hausaufgaben-Machen und beim Döner-Bestellen. Aber die Wohngruppe ersetzt die Familie nicht. Erzieher:innen und Jugendamt arbeiten unermüdlich mit den Eltern. Hier gibt es schmerzhafte Rückschläge und schwere Probleme. Darum versuchen die Betreuer:innen, den Kindern Rückhalt zu bieten, ihnen andere Wege aufzuzeigen. Wie gut das gelingt, ist für keinen der Beteiligten sicher abzuschätzen. Deswegen hofft und bangt man auch als Zuschauer:in, ob sich die Wünsche der Kinder umsetzen lassen.
Über Kinder wie in dieser Wohngruppe gibt es viele Vorurteile. Ihnen setzt Regisseur Daniel Abma diesen klugen Dokumentarfilm entgegen. In fünf Jahren Recherche wurden er und sein Team zu vertrauten Besuchern in der Wohngruppe, denen sich Kinder und Erwachsene vertrauensvoll öffneten. An keiner Stelle wird der Film voyeuristisch. Damit entspricht sein Respekt vor allen Protagonist:innen dem, wie ein Erzieher seine Arbeit zusammenfasst: Es geht nicht um Schuldzuweisungen, sondern darum, den Kindern einen Weg aus der Gewaltspirale zu weisen.
Wasserschlachten, Ausflüge und Knuddelattacken sind die Energiequellen für den Kampf um das, was jedem Kind zusteht: das Recht auf Leben, persönliche Entwicklung sowie Schutz vor Gewalt und Vernachlässigung. Weil es viele Kinder anders erleben, tun die eingestreuten Naturaufnahmen und die coole Filmmusik gut. Der spannende, einfühlsame Film bringt den Kindern und Betreuer:innen die Wertschätzung entgegen, die sie verdienen.
Ihre Meinung ist gefragt, Schreiben Sie uns