Diese Augen!

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Sie hat die Looks einer Vierzigerjahre-Diva, kann singen und tanzen, beherrscht Komödie und Drama: Amy Adams ist schon was Besonderes. Jetzt hat sie den Golden Globe für ihre Hauptrolle in American Hustle bekommen

Etwas Hypnotisches liegt in diesen großen, funkelnd blauen Augen. Etwas, das den Blick der Kamera magisch anzuziehen scheint. Schmerz und Enttäuschung, das Wissen um die Ungerechtigkeit der Welt und die Abgründe der Menschen liegen in ihnen. Und trotzdem versprühen sie einen entwaffnenden Lebensmut. Die Hoffnung, die in ihnen lodert, ist im höchsten Grade ansteckend; sie lässt die Kinoleinwand für Momente heller erstrahlen.

Diese Augen-Blicke gibt es in nahezu allen Filmen, die Amy Adams seit 1999, ihrem ers­ten Kinoauftritt in Michael Patrick Janns schwarzer Schönheitswett-bewerbssatire Gnadenlos schön, gedreht hat. Ob sie eine schwangere Südstaaten-Schönheit in Phil Morrisons Junebug, eine alleinerziehende Mutter in Christine Jeffs’ Sunshine Cleaning, eine Märchenprinzessin in Kevin Limas Verwünscht oder eine Trickbetrügerin wie jetzt in American Hustle spielt, immer sind es diese Augen, in denen ganze Lebensgeschichten aufblitzen. Manchmal erzählt ein Blick von Amy Adams mehr als alles andere.

Wie in Matthew Cole Weiss’ einfallsloser Ensemblekomödie Standing Still, in der sie eine junge Braut, Elise, spielt. Jennifer, ihre beste Freundin aus Unizeiten, erinnert sie daran, dass sie sich einmal geliebt haben und dass sie anders als Elise nicht darüber hinweg ist. In dem Moment, in dem Adams als Elise ihrer Freundin sagt, dass diese Liebe damals echt war, aber nun ihre Liebe zu Michael noch stärker ist, halten sich in ihrem Blick Trauer und Hoffnung die Waage. Näher kann man dem vertrackten Verhältnis von vergangenen und gegenwärtigen Gefühlen kaum kommen.

Der eigentliche Durchbruch für die 1974 in Italien geborene und in Castle Rock, Colorado, aufgewachsene Amy Adams kam verhältnismäßig spät. In Steven Spielbergs Catch Me If You Can war sie zwar die klassische Südstaaten-Prinzessin, die der von Leonardo DiCaprio gespielte Trickbetrüger Frank Abagnale Jr. fast geheiratet hätte. Doch diese Rolle brachte ihr, die ihre künstlerische Karriere als Tänzerin und Sängerin an Provinzbühnen in Colorado und Minnesota begonnen hat, nicht die Aufmerksamkeit, die sie verdiente. Die bekam sie erst drei Jahre später für ihren Auftritt in Junebug, der ihr auch gleich die erste von bisher vier Oscar-Nominierungen bescherte.

Phil Morrisons Filmdebüt, eine ungeheuer präzise beobachtete und überraschend zärtliche Annäherung an die Eigenheiten des Lebens in einer Südstaaten-Kleinstadt, ist ganz auf Amy Adams zugeschnitten. Wie leicht hätte Ashley, die alle Menschen mit offenen Armen und offenem Herzen empfängt, zur Karikatur werden können. Doch Amy Adams verleiht ihrer Naivität und ihrer unverstellten Aufrichtigkeit eine enorme Würde. Nur durch ihren Glauben an das Gute kann diese junge Frau der untergründigen Verzweiflung, die sie erfüllt, Herr werden.

Oberflächlich und frivol wirkt das Treiben der Sängerin Delysia Lafosse, die davon träumt, ein Star auf den Londoner Bühnen und in Hollywood zu werden. Während die Welt im Sommer des Jahres 1939 auf den Ausbruch des Krieges wartet, denkt sie nur daran, wie sie die Hauptrolle in einem neuen Musical bekommen kann. Bharat Nalluris pointierte Sittenkomödie Miss Pettigrews großer Tag gehört zu den übersehenen Kleinoden des Kinos der vergangenen Jahre. Und Adams’ Porträt eines Starlets, das sich zwischen Ruhm und Liebe entscheiden muss, weckt Erinnerungen an die Stars der 1930er und 1940er, an Carole Lombard und Jean Arthur.

In einem Interview hat Adams bekannt, dass sie lieber glückliche Menschen spielt. Doch zuletzt hat sie sich immer wieder auch an düstere, innerlich zerstörte Figuren gewagt. So wirkt ihre Peggy Dodd in Paul Thomas Andersons The Master wie die Kehrseite der hoffnungsvollen, nicht unterzukriegenden Frauen, die sie so oft gespielt hat. Wie die ist auch die Ehefrau des Sektenbegründers Lancaster Dodd eine, die nicht aufgibt. Nur haben die Kämpfe sie kalt und berechnend gemacht. In David O. Russells Golden-Globe-Gewinner American Hustle kommen die beiden Seiten, die lichte und die dunkle, zusammen. Die Trickbetrügerin Sydney Prosser ist wie Delysia eine geborene Schauspielerin, die es versteht, die Sehnsüchte der Menschen zu wecken. Aber sie hat die Unschuld verloren, die Delysia unbeschadet durch alle Stürme kommen ließ. Das Funkeln in Adams’ Augen verbreitet auch hier seine hypnotische Wirkung. Nur scheint in ihm kaum noch Hoffnung auf. Es ist ein kaltes, fast verzweifeltes Lodern, das die Stimmung im Amerika der 70er Jahre spiegelt.

American Hustle startet am 13.2.

 

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