Kritik zu Wo ist Gott?

© Arsenal Filmverleih

Ein Zuhause, eine Tür, ein Geheimnis: Sandra Gold lässt in ihrem Dokumentarfilm eine Zen-Buddhistin, eine katholische Nonne, einen Juden und einen Sufisten über ihre Gotteserfahrung berichten

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Schon mit dem Titel ihres Films gibt die Filmemacherin Sandra Gold die Richtung vor. Nicht um die Frage nach der Existenz eines Gottes dreht sich ihr meditativ angelegter Film, sondern darum, wo man ihn findet. Diese Frage haben die vier Protagonist:innen für sich schon beantwortet. Zu Beginn formuliert der österreichische Sufist Süleyman Wolf Bahn ein Gottesverständnis, um das im Folgenden alle Beteiligten in immer neuen Anläufen kreisen: »Wir sagen, dass jeder Mensch mit Gott seine ureigene Verbindung hat, die nur Gott kennt und er, sonst niemand.« 

Als Empfindung »unendlicher Weite« beschreibt die Zen-Lehrerin Doris Zölls ihre Erfahrung. Der katholischen Nonne Veronika Elisabeth Schmitt öffnet sich mit Gott eine »Tür in eine andere Welt«. Und für den jüdischen Autor Gabriel Strenger ist Gott sein »Zuhause«, das »innere Gefühl absoluter Freude«. Doch Strenger formuliert auch Zweifel. Erzählungen seiner Mutter hätten sein Gottesbild infrage gestellt: »Wo war Gott in der Shoah?« Die Theodizee-Frage behandelt der Film aber nur am Rand.

Die tiefe innere Gelassenheit, die alle vier Personen für sich gefunden zu haben scheinen, schließt Konflikte nicht aus, seien es Beziehungskrisen oder Verstimmungen im Alltag. »Das Teufelchen ist ein Teil von mir«, sagt Gabriel Strenger, man dürfe ihm nur nicht zu viel Raum geben. Es gelte, »Licht in den Schlamm der Seele« zu bringen, so die Nonne. Gleichwohl ist »Wo ist Gott?« keine religionspädagogische Anleitung, schon gar nicht ein missionarischer Traktat im Sinne der Glaubensrichtungen, denen die vier Personen sich zugehörig fühlen. Diese stehen allein für sich und ihre Art der Welt-Anschauung, ihr Werdegang wird kaum thematisiert, der familiäre Kontext nur beiläufig.

Als Auslöser für ihren Film nennt Sandra Gold eine nicht näher beschriebene eigene »extreme spirituelle Erfahrung«, die »das Größte, Radikalste und Schönste, was ich je in meinem ganzen Leben erlebt habe«, gewesen sei. Wie aber findet man Bilder für diese zutiefst subjektiven Erfahrungen, die sich selbst der Erfassung in Sprache weitgehend entziehen? Wenn der Sufi-Scheich Süleyman Wolf Bahn von seiner »inneren Achse« spricht, sieht man Menschen mit hohen Hüten und weißen Gewändern beim sufistischen Drehtanz zu, Gabriel Strenger bei den Vorbereitungen des Schabbat, der für ihn die »Achse des Lebens« darstellt. Ansonsten greift das visuelle Konzept des Films auf eine recht konventionelle Bebilderung zurück.

Zu Strengers Empfindung, »in der Wüste eins mit der Natur« zu sein, spannt sich ein Regenbogen über die Wüste Negev und das Rote Meer, ein unendlicher Himmel dehnt sich über einer erhabenen österreichischen Berglandschaft, der ewige Kreislauf der Natur spiegelt sich im Ginkgobaum, den Veronika Elisabeth Schmidt mit gutem Zureden zum Wachsen ermuntert.

Zieht man als Zuschauer:in alltagstaugliche Empfehlungen aus alldem, so lassen sie sich als Appell an Gelassenheit, Respekt und Nachsicht mit anderen und mit sich selbst verstehen. Wer allerdings religiös betrachtet vollends unmusikalisch ist, der wird sich mit dem Film schwertun.

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