Kritik zu What's Love Got to Do with It?

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Heute sagt man »assistierte Ehe«: In Shekhar Kapurs Culture-Clash-Komödie werden westliche und indische Methoden der Lebenspartnerfindung lustvoll und nicht dumm gegeneinander ausgespielt

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»Ich heirate!«, eröffnet der pakistanische Nachbar Kaz seiner Kindheitsfreundin Zoe, doch auf ihre freudig überraschte Replik »Ehrlich, wer ist denn die Glückliche« erwidert er: »Das weiß ich noch nicht.« Denn Kaz (Shazad Latif) hat sich entschlossen, dem Vorbild seiner pakistanischen Eltern zu folgen und eine arrangierte, oder besser: assistierte Ehe, wie es neuerdings heißt, in die Wege zu leiten. Was dann beginnt, ist ein Kulturclash-Experiment, denn Zoe (Lily James), die Dokumentarfilmregisseurin ist, begleitet diesen Weg zwischen modernem Leben in London und den pakistanischen Traditionen in Lahore mit ihrer Kamera, zugleich professionell beobachtend und intim freundschaftlich. Zoe ist die Verbündete des westlichen Zuschauers, der das System der arrangierten Ehe kritisch betrachtet: Was ist mit der Liebe, fragt sie, und Kaz antwortet: »Mit der Zeit lernst du diesen Menschen lieben«, worauf Zoe schnippisch kontert: »Wie das Stockholm-Syndrom.«

Doch gegen die handelsüblichen westlichen Ressentiments sperrt sich der Film. Statt die Positionen gegeneinander auszuspielen, eröffnet er einen Raum für die möglichen Vorzüge, wägt Erfahrungen und Vorurteile in vielen Nuancen gegeneinander ab. Da sind die Eltern von Kaz, bei denen es jahrzehntelang funktioniert hat, und da ist seine Schwester, die von ihrer Familie verstoßen wurde, weil sie ihrem Herzen folgte und einen nichtmuslimischen Engländer geheiratet hat. Da ist die grantige Großmutter, die sich aus Sturheit um die Nähe zu ihrem kleinen Enkel bringt. Und da ist die vom Heiratsvermittler ins Spiel gebrachte Braut, die bei den ersten Videobegegnungen seltsam verhalten und traurig wirkt. 

Immer wieder werden Traditionen eingefordert und zugleich unterlaufen, im Grunde ganz ähnlich wie am britischen Königshaus, von dem Shekhar Kapur in »Elizabeth« und »Elizabeth – Das goldene Königreich« erzählte. Nach seinen Anfängen als Bollywood-Schauspieler und internationalen Erfolgen als Regisseur der indischen Produktionen »Masoom« und »Bandit Queen«, und drei opulenten, britischen Produktionen hatte er seit 2007 nur noch Kurzfilme, Dokumentationen wie »Science of Compassion« und einige Folgen von Fernsehserien wie »Will« und »Damien« gedreht. »What's Love got to do with it?« markiert nun auch seine Rückkehr zu einem Kino der sinnlichen Schauwerte, mit opulent farbenfrohen Kostümen und grandiosen Kulissen, vor allem bei den Hochzeitsvorbereitungen in Lahore, aber auch in London, wo sich Zoes Mutter voller Begeisterung und gerade darum immer wieder vorurteilsbeladen in die Kultur ihrer pakistanischen Nachbarn wirft. 

Emma Thompson spielt sie in einer tollen Mischung aus sprühendem Enthusiasmus und liebevoller Übergriffigkeit, etwa wenn sie ihre bindungsscheue Tochter bedrängt: »Ich mach mir Sorgen, dass du allein bleibst«, sagt sie. »Bin ich etwa nur ein halber Mensch, wenn ich keinen Mann habe?« kontert Zoe. Während sie sich die Zeit mit bedeutungslosen Tinder-Dates vertreibt, zeigt sich, dass die wahre Liebe direkt neben der Haustür liegt.

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