Kritik zu Von Liebe und Krieg

© Tamtam Film

Ein unbekanntes Stück Geschichte: Kasper Torsting hat die Geschichte eines desertierten dänischstämmigen deutschen Soldaten während des Ersten Weltkriegs verfilmt 

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Nicht umsonst nennt ein Insert zu Beginn den Ort Cambrai in Frankreich und als Jahreszahl: 1917. Die Schlacht von Cambrai war zwar nicht so verlustreich wie die an der Somme ein Jahr vorher, aber militärisch ohne jeden Erfolg, für keine der beiden kriegführenden Parteien. Und 1917, da war der Krieg schon im dritten Jahr, für viele Soldaten, die auf deutscher Seite kämpften, ohne jeden Heimaturlaub. 

So wie für Esben Mikkelsen (Sebastian Jessen), der als Angehöriger der dänischen Minderheit für das deutsche Heer in den Ersten Weltkrieg ziehen musste. Preußen hatte im dänisch-deutschen Krieg Teile des Herzogtums Schleswig annektiert, in dem sowohl Dänen als auch Deutsche wohnten, und das dann nach der Reichsgründung zu Deutschland gehörte. Obwohl Dänemark im Ersten Weltkrieg neutral blieb, wurden die dänischstämmigen Männer ausgehoben. 

Esben jedenfalls verletzt sich nach einem Himmelfahrtskommando selbst und kommt nach Hause. Aber da ist nichts mehr, wie es einmal war. Zwar ist seine Mühle repariert, doch wird seine Frau Kristine (Rosalinde Mynster) mehr oder weniger ritterlich von dem deutschen Offizier Gerhard (Tom Wlaschiha) umworben, zu dem auch Esbens Sohn so etwas wie Vatergefühle hat. Für Esben ist es schwierig, seinen Platz wieder einzunehmen. Hinzu kommt, dass Gerhard ihn, den eigentlich Ausgemusterten, wieder zurück in den Krieg schicken will. Esben versucht, mit seiner Familie nach Dänemark zu fliehen, wird aber verraten und gilt fortan als Deserteur. Er versteckt sich nach einer kleinen Odyssee auf dem Dachboden seines Hauses und lugt durch die Dielen, wenn Kristine Besuch bekommt. 

Das hätte ein eigener Film sein können: die Welt aus der Perspektive eines Versteckten. So wie in dem großartigen spanischen Film »Der endlose Graben«, in dem sich nach dem Sieg der Faschisten ein gesuchter Republikaner in einem Verschlag versteckt, über 30 Jahre lang; leider ist der Film nie zu uns in die Kinos gekommen. Aber der versteckte Esben bleibt nur Episode – »Von Liebe und Krieg« fehlt die Konzentration. Ein Plotpoint jagt den anderen, bis hin zu einem hanebüchenen, an den Haaren herbeigezogenen Finale, mit sichtbaren Anleihen bei dem legendären »Casablanca«. 

»Von Liebe und Krieg«, das deutet ja schon der Titel an, will viel – aber macht wenig draus. Die wahrscheinlich komplexen Verhältnisse zwischen Dänen und Deutschen bleiben weitgehend außen vor, ebenso wie die Auslotung der Beziehung zwischen Esben und Kristine der Rasanz des Drehbuchs (Regisseur Kasper Torsting und Produzent Ronni Fridthjof) geopfert wurden. Und so einen guten Deutschen (nach dem ja gerade in deutschen Filmen über böse Zeiten immer wieder gesucht wird) wie den Offizier Gerhard mit seiner Aufrichtigkeit, Ritterlichkeit und echten Zuneigung hat man selten gesehen. Das ist schade, denn neben einer atmosphärisch dichten und auch einfühlsamen Fotografie (Jesper Tøffner) wartet der Film mit einem beeindruckenden Darsteller­ensemble auf.

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