Kritik zu Noma – My Perfect Storm

© NFP

2015
Original-Titel: 
Noma – My Perfect Storm
Filmstart in Deutschland: 
09.02.2017
V: 
L: 
99 Min
FSK: 
Ohne Angabe

Der Dokumentarfilm porträtiert den Koch René Redzepi und dessen weltberühmtes Restaurant Noma in Kopenhagen

Bewertung: 3
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Gibt es so etwas wie das »Beste Restaurant der Welt«? »Natürlich nicht!«, sagt Küchenchef René Redzepi, »schon die Vorstellung ist vollkommen lächerlich.« Der Mann hat gut reden. Sein Kopenhagener Restaurant Noma wurde zwischen 2010 und 2014 vom britischen »Restaurant Magazine« viermal mit genau diesem Titel ausgezeichnet. Und egal, was man davon halten mag, hatte Redzepis Küche mit ihrer kompromisslosen Fixierung auf regionale Produkte eine enorm stilbildende Wirkung – auch auf Teile der deutschen Spitzengastronomie. Gleiches gilt für die ungezwungene Atmosphäre in dem Gourmetrestaurant, wo man an blanken Holztischen sitzt und die Köche zugleich Kellner sind. Wer sich für avancierte Küche interessiert, kommt am Noma nicht vorbei.

Wie es zu Redzepis »kulinarischer Selbstfindung« und der Entwicklung des speziellen Noma-Stils kam, ist das Interessanteste an dem Dokumentarfilm »Noma – My Perfect Storm«. Mit der Idee, dem Gast über das Essen ein Gefühl für die Region und die wechselnden Jahreszeiten zu vermitteln, gelang es Redzepi, der skandinavischen Küche eine greif- und vor allem schmeckbare Identität zu geben. Was Regisseur Pierre Deschamps dabei unterschlägt ist, dass Redzepi mitnichten der »Erfinder« einer explizit nordischen Spitzenküche war, auch wenn einige Wegbegleiter dies im Film behaupten, sondern vor allem deren konsequentester Botschafter.

Doch anstatt Redzepis unbestreitbare Leistungen in eine reelle Perspektive zu setzen, pflegt Deschamps die gängigen Mythen und hält kritische Aspekte komplett zurück. So wird das von »Dogma 95« inspirierte »Nordische Küchenmanifest«, zu dessen Unterzeichnern Redzepi 2004 gehörte, zwar erwähnt, aber der ursprüngliche Hintergrund als PR-Aktion einer Gruppe cleverer Köche bleibt ausgespart. Auch Redzepis Lust an medienwirksamen Provokationen, etwa wenn er lebende Ameisen serviert, ist für Deschamps kein Thema. Stattdessen darf Redzepi Plattitüden über die »Sprache« des Essens von sich geben, bei der die Zutaten das »Alphabet« sind. Über den konkreten Schaffensprozess des Spitzenkochs erfährt man hingegen fast nichts. Zwei, drei Mal sieht man ihn mit seiner Crew beim Verkosten neuer Kreationen. Die Ideen dahinter bleiben im Dunkeln.

Zunehmend wird der Film zu einer ehrfürchtigen Hommage an Redzepi, bei der er sich in der heimischen Küche mit Töchterchen auf dem Arm präsentiert und Lieferanten erzählen, wie sehr er ihr Leben für immer verändert habe. Warum, erfahren wir nicht. Eher unfreiwillig entsteht dabei das Bild eines Egomanen, der seinen Ruhm nicht zuletzt als eine Kompensation für frühere Demütigungen genießt: Er hat es all seinen Peinigern gezeigt. Zu dieser Mischung aus Bitterkeit und Ehrgeiz passt auch, dass Redzepi seine Mitarbeiter für Nichtigkeiten runterputzt und bei jeder Gelegenheit den Mittelfinger in die Kamera streckt – eine Rockstar-Attitüde, die bei einem schmalen Koch eher peinlich wirkt. So gesehen muss Deschamps gar nicht an Redzepis Image kratzen, das gelingt dem Mann schon selbst.

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