Kritik zu Monsters

© Capelight Pictures

2010
Original-Titel: 
Monsters
Filmstart in Deutschland: 
09.12.2010
L: 
94 Min
FSK: 
12

Die Titelfiguren spielen nur eine Nebenrolle, und auch anderweitig folgt das Regiedebüt des Briten Gareth Edwards nicht den Vorgaben des Monster- und Katastrophenfilmgenres

Bewertung: 4
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In Form einer Rückblende erfahren wir in den ersten Minuten von »Monsters«, dass eine Probe mit fremdem Leben in einer Weltraumkapsel im Luftraum über Mexiko zu Bruch gegangen ist und ein ganzer Landstrich infiziert wurde. Sechs Jahre später stampfen riesige außerirdische Kraken über den neuen Ground Zero, der Mexiko von Amerika separiert. Die amerikanischen Militärs erklären einen Großteil von Mexiko zur »Infected Zone « und tun ihr Bestes, die Monsterseuche nicht nach Amerika schwappen zu lassen.

Ein Szenario wie aus einem trivialen Monsterfilm aus den 50er Jahren, möchte man meinen. Doch das Regiedebüt des Briten Gareth Edwards verweigert sich dem üblichen Szenario und ist vielmehr die Geschichte des Fotoreporters Andrew, der die gestrandete Tochter seines Chefs, Samantha, durch die verbotene Zone nach Hause zu ihrem Verlobten bringen soll. Wie in allen guten Monsterfilmen sind auch hier starke menschliche Charaktere ausschlaggebend für die Identifikation des Zuschauers, nur ist es in diesem Fall sogar so, dass die titelgebenden Kreaturen lediglich als Nebenfiguren ihr Unwesen treiben. Irgendwo im Hintergrund sieht man die Giganten in den Nachrichten auf kleinen verregneten Fernsehbildschirmen unter Beschuss. Und so richtig monströs sehen die außerirdischen Biester auch nicht aus, handelt es sich doch um Tiefseefischen ähnlich fluoreszierende, majestätische Riesenkraken, die merkwürdig ungelenk auf ihren viel zu vielen Tentakeln über Land robben und dabei jammernde Walgesänge anstimmen. Mehr staunend als verschreckt wandeln die beiden Protagonisten in diesem verhaltenen Roadmovie durch das militärische Sperrgebiet. Der bislang als Experte für digitale Spezialeffekte bekannte Edwards hat sein Low-Budget-Spielfilmdebüt tatsächlich an verwüsteten Originalschauplätzen gedreht. Orte, an denen der Hurrikan Katrina gewütet hat, liefern ihm dokumentarisch anmutende Bilder, in die er dann im Computer seine digitalen Monster gesetzt hat. Diese Manipulation des Realen verleiht dem Film eine beunruhigende Vertrautheit, die man im herkömmlichen Monsterblockbuster nicht zu sehen bekommt.

»Cloverfield« war vor zwei Jahren der erste Monsterfilm, der mit der rauen Ästhetik von selbst gedrehtem Videomaterial die in unserem kollektiven Unterbewusstsein gespeicherten Bilder der Terroranschläge vom 11. September 2001 beschwor. Als soziopolitische Metapher sind Filmmonster heute diffuser und unbeherrschbarer geworden. Den beiden Monsterkraken, die sich in der Ferne zärtlich gegenseitig die Fangarme streicheln, sehen Andrew und Samantha mehr fasziniert als erschrocken zu. Hier wird nicht mehr geschrien und weggelaufen. Die Szenerie scheint vertraut, hat etwas von ökologisch inspirierter Walbeobachtung im Schatten einer traumatischen Katastrophe. Das inzwischen verliebte Paar ist sich wohl bewusst, dass man diese erhabenen Kreaturen nicht besiegen kann und vielleicht auch nicht sollte. Eine Koexistenz, geprägt von Respekt und Ehrfurcht, scheint die einzige Aussicht. Ein wirklich schöner, schlafwandlerisch ruhiger Monsterliebesfilm.

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