Kritik zu Lux – Krieger des Lichts

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In seinem Langfilmdebüt erzählt Daniel Wild von einem ungewöhnlichen Superhelden in Berlin, der die Welt ein kleines bisschen besser machen will, die ihn dann aber an den Abgrund drängt

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Wenn man Torsten (Franz Rogowski) als sein Alter Ego Lux in seinem aus Baumarktutensilien zusammengebastelten Superheldenkostüm durch das winterliche Berlin streifen sieht, scheint das nur wenig mit den polierten Helden von Marvel oder DC zusammenzugehen. Und doch haben sie etwas gemeinsam. Denn jeder Superheld will schließlich Gutes tun und ist dank seiner Maskerade der große Unbekannte. Als Lux verteilt Torsten Care-Pakete an Obdachlose. Als Torsten arbeitet er auf dem Gemüsegroßmarkt. Gute Taten im Kleinen und sonst ein bescheidenes Leben eines schüchternen, kindlich-naiven Endzwanzigers. Wer da nicht an den braven Clark Kent alias Superman denkt.

»Der hat ein großes Herz und will sich kümmern. Das find ich gut«, sagt Torstens Mutter Luise (Eva Weißenborn) irgendwann in die Handkamera. Denn im trendgetriebenen Berlin ist ein junges Filmteam auf den selbsternannten Superhelden gestoßen. Nachdem der sensationsheischende Produzent Rüdiger Brandt (Heiko Pinkowski) als Geldgeber gefunden ist, begleiten Regisseur Jan (Tilman Strauss), Tonfrau Lina (Anne Haug) und Kameramann Marek (Serkan Kaya) den Superhelden auf Schritt und Tritt. Sie befragen Torstens liebevoll-pragmatische und sterbenskranke Mutter, verfolgen Lux auf seinen Streifzügen, ­Torsten bei Reparaturen an seinem Kostüm oder bei Trainingseinheiten auf einem Hochhausdach. Er sagt Sätze wie »Ich weiß auch nicht, was das ist, ein Held zu sein. Aber ich kann jedem empfehlen, es auszuprobieren.« Oder: »Im Erstkontakt gibt es Irritationen.« Es sind Sätze eines nachdenklichen Menschen, der sich plötzlich mit einer Kamera konfrontiert sieht, sich seiner Rolle als Berliner Superstar bewusst wird und um eine eloquente Ausdrucksweise bemüht ist. Dem Produzenten aber reicht das nicht. Er will richtige Verbrecherjagd und Sex – und spinnt Intrigen, bei denen irgendwann nicht mehr klar ist, wer eigentlich wen hintergeht. Das Filmteam ist mittlerweile zu Torstens engstem Freundeskreis geworden und doch gefangen in dem Medienhype, den es bedienen muss. Mittendrin Torsten, der in der von ihm geschaffenen Realität verloren zu gehen droht.

Regisseur und Drehbuchautor Daniel Wild erzählt von einem jungen Mann, der in Verkleidung seine Identität sucht, der die Welt ein bisschen besser machen will, sich das aber nur im Schutz einer Maskerade traut. Geschickt verknüpft er das scheinbar Dokumentarische der Scripted-Reality-Soaps mit der vermeintlichen Realität und wirft damit die Frage auf, was eigentlich Realität ist und wie wir diese – getrieben von dem Drang nach unermesslicher Einzigartigkeit – erreichen wollen. Individualität basiere auf Maskerade und Projektion, führt Wild zu seinem Langfilmdebüt aus. Torsten alias Lux ist der tragische Held, der naiv in die Welt der gnadenlosen Inszenierung gerät. Frank Rogowski, der in diesem Jahr bereits an der Seite von Isabelle Huppert in Michael Hanekes »Happy End« und in der Komödie »Fikkefuchs« von sich reden gemacht hat, spielt dieses Superhelden mit einer hinreißenden naiven Ehrlichkeit.

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