Kritik zu La Paloma

© Real Fiction Filmverleih

2007
Original-Titel: 
La Paloma
Filmstart in Deutschland: 
26.06.2008
L: 
93 Min
FSK: 
keine Beschränkung

»La Paloma« ist eines jener Lieder, die wie Zuckerrübensirup ein Leben lang in den Gehörgängen kleben bleiben. Es gibt jedoch nicht viele Kunstlieder, die Volksliedstatus errungen haben, und es auf Tausende von Aufnahmen gebracht haben

Bewertung: 4
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Die Regisseurin und Autorin Sigrid Faltin begibt sich auf die Spuren des im 19. Jahrhundert komponierten Liedes von Sebastián de Yradier. Wie jedes wirkliche Kunstwerk kann es mit Bedeutung aufgeladen werden und sein Gesicht bei jeder neuen Befragung verändern. Erstaunlich ist tatsächlich die von der Regisseurin dokumentierte Bandbreite – vom kämpferischen Politsong mit einer Textfassung, die auf aktuelle Gegebenheiten in der mexikanischen Politik eingeht über den unvermeidlichen Ausschnitt des singenden Hans Albers aus Helmut Käutners »Grosse Freiheit Nr. 7« bis zur Butterfahrten-Version von Freddy Quinn. Manch einer wird diese Version besonders kitschig finden, doch Ludwig Giesz hat trefflich festgestellt, dass es zwar Menschen mit kitschiger Disposition, jedoch kein kitschiges Kunstwerk gebe, und so hat auch dieses Lied die verschiedenartigsten Anverwandlungen unbeschadet überstanden.

Ähnlich wechselhaft wie die Geschichte des Liedes ist diese Dokumentation. Der Nährwert ist beträchtlich und als beflissener Bildungsbürger verlässt man die Vorstellung satt vor Wissen. Gerührt hat man die Interpretation von Eugenia Léon aufgesogen, betroffen den Schilderungen Coco Schumanns gelauscht, der das Lied mit den »Ghetto-Swingers « im Lager Theresienstadt aufführt und überrascht festgestellt, dass Yradiers Komposition sogar auf Sansibar ein echter Hit ist. Ästhetisch ist der Film der bevorstehenden Zweitverwertung durch das koproduzierende Fernsehen angepasst: Das spezifische »La Paloma «-Lebensgefühl auf Kuba manifestiert sich wahlweise durch Kameraschwenks auf Cocktails oder einen wackelnden Frauenpopo, ähnlich dem weißen Elefanten bei Rilke rauscht immer wieder der akustische Flügelschlag einer Taube über die Tonspur und ich für mein Teil hätte gern einmal eine komplette Version des Liedes (außer im Abspann) gehört. Dem nostalgischen Vergnügen für eine blaue Stunde im Kino tut das freilich kaum Abbruch.

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