Kritik zu Kiss the Cook: So schmeckt das Leben

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Vom "Iron Man" zum "Iron Chef": Jon Favreau inszeniert sich in seiner Rückkehr zum Kleinbudgetfilm als Meisterkoch in der Sinnkrise

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Kochen und Filmen sind zwar spätestens seit Peter Kubelka untrennbare Kunstformen, aber als filmisches Thema ist die Kulinarik eine schwierige Sache: Sie wird entweder heillos verkitscht (»Chocolat«) oder muss als Metapher für Zwischenmenschliches herhalten (»Eat Drink Man Woman«). Umso erfrischender wirkt es, dass Jon Favreau sich zu Beginn von »Kiss the Cook« alle Mühe gibt, das Subgenre des Foodfilms vom Kopf zurück auf die Füße zu stellen: Kochen ist hier erst einmal harte Arbeit, die mit nüchterner Professionalität und zupackender Leidenschaft ausgeführt wird.

»Kiss the Cook« (2014)

Favreau selbst spielt den Küchenchef Carl Casper, der einst als Wunderkind der kalifornischen Gastroszene galt. Inzwischen muss er aber in einem Edelrestaurant von Los Angeles auf Befehl des Inhabers das immer gleiche, biedere Menü runterkochen – auch als ein überaus einflussreicher Foodblogger seinen Besuch ankündigt. Aus dem vorhersehbaren Verriss entwickelt sich ein medienwirksames Scharmützel zwischen Koch und Kritiker, das Casper schließlich den Job kostet. Bis zu diesem Punkt ist »Chef« (so der bessere Originaltitel) ein schönes Porträt eines sehr spezifischen Arbeitsfeldes: Koch sein kostet Kraft, Nerven und nicht selten die Ehe. Für Metaphern bleibt da genauso wenig Zeit wie für den vernachlässigten Sohn. Den aufreibenden Balanceakt zwischen Geschäft und persönlicher »Vision« beschreibt Favreau punktgenau und amüsant, ebenso die von Hassliebe geprägte Beziehung zwischen Köchen und Kritikern. Im ersten Drittel hat Chef jene flirrende, konzentrierte Energie, wie man sie sich in einer Spitzenküche unter Hochdruck vorstellt.

Dann aber beginnt mit Caspers Jobverlust plötzlich ein anderer Film: Der Gourmetkoch eröffnet einen Foodtruck und begibt sich mit seinem elfjährigen Sohn sowie einem treuen Mitarbeiter auf einen Roadtrip durch Amerika. Die kauzigen Typen vom Beginn, darunter Bobby Cannavale als Souschef und Dustin Hoffman als Restaurantbesitzer, verschwinden komplett aus der Erzählung; aus dem spannenden Porträt eines manischen Charakters wird eine Vater-Sohn-Geschichte, die so belanglos ist wie Caspers verrissenes Menü. Dass Carl durch einen Blog, Twitter und YouTube erst seinen Job verliert, aber sein Foodtruck dank Twitter zum landesweiten Hit wird, eröffnet ein charmantes Spannungsfeld zwischen abstrakter Virtualität und handfester Küchenrealität – doch über den Ansatz geht das nicht hinaus. Auch die sehr schöne Idee, die Geographie der Reise an regionalen Einwandererköstlichkeiten wie Cuban Sandwiches in Miami und französischen Beignets in New Orleans festzumachen und damit das Bild von Amerika als kultureller »Salad Bowl« kulinarisch wörtlich zu nehmen, bleibt oberflächlich. Favreau selbst verglich Caspers Neustart mit seiner persönlichen Abkehr von den »Iron-Man«-Blockbustern hin zu einem Independent-Projekt – da haben wir sie wieder, unsere Metapher. Leider geht sie nicht auf, denn gegen den konventionell gemachten »Chef« wirkt »Iron Man« wie Autorenkino.

Meinung zum Thema

Kommentare

- da haben wir sie wieder, die überhebliche Anmaßung eines Filmkritikers, der noch nie einen Film gedreht hat - dem echten Leben ebenso nachempfunden wie die Kritik eines Restaurantkritikers, der nicht kochen kann. Mein Vater war so einer wie Favreaus Figur und ich habe vieles wiedererkannt, wie ich als 10-jähriger die Gourmet-Koch Szene erlebt habe.

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