Kritik zu Helen

Trailer englisch © Warner Bros. Pictures

Sandra Nettelbeck (»Bella Martha«) meldet sich mit einem eher verhaltenen Film zurück. Mit Ashley Judd in der Titelrolle erzählt »Helen« weibliche Krankheitsgeschichten. Diagnose: Depression

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Helen (Ashley Judd) hat Geburtstag. Sie ist schon so alt, dass sie nicht mehr alle Kerzen auf einmal ausblasen kann. Trotzdem wird sie – von ihrem zweiten Mann David (Goran Visnjic) – auf fürstliche Art mit einem Flügel beschenkt. Die beiden sind seit sieben Jahren glücklich verheiratet und immer noch ein Liebespaar. In Wirklichkeit steht diese Ehe kurz vor ihrer Zerreißprobe, aber davon ist an diesem Glückstag noch nichts zu spüren. Helen hat die mittlerweile dreizehn Jahre alte Tochter Julie mit in die Ehe gebracht, David hat jedoch weder ihren ersten Mann kennengelernt, noch ist er über Helens »Vorgeschichte « informiert. Dieses Vorleben kehrt nun wie aus heiterem Himmel zurück. Helen, die eine Stelle als Musikprofessorin an der Uni innehat, fühlt sich plötzlich erschöpft, bricht immer öfter in Tränen aus, ist unkonzentriert und muss sogar eine Vorlesung abbrechen. Als sie abends einmal länger in der Uni bleibt, lernt sie zufällig die junge Cellistin Mathilda (Lauren Lee Smith) kennen, die unermüdlich eine Passage auf dem Cello wiederholt und dabei Zwiesprache mit einer überlebensgroßen an die Wand projizierten Vaterfigur hält. Zwischen den beiden Frauen besteht sofort eine geheime Übereinkunft, ein Verständnis wie unter Gleichgesinnten oder unter Menschen, die ihren inneren Gleichklang dem Wissen um eine gemeinsame Krankheit verdanken. Diese Krankheit heißt Depression.

Sandra Nettelbeck entwickelt von dieser Begegnung aus eine Parallelmontage, die beider Leben in Beziehung setzt, ein Leben in allerdings sehr unterschiedlichen Parallelwelten. Während Helen immer stärker in einer lethargischen Depression mit suizidalen Anwandlungen versinkt, versucht Mathilda, ihre Krankheitsschübe in Drogen und sexuellen Abenteuern zu versenken. Der Film entwickelt sich immer mehr zu einer Fallstudie, folgt allzu lange den Launen der Krankheit, ohne sich um eine adäquate visuelle Umsetzung zu bemühen. Es kommt zwar heraus, dass Helen schon zwölf Jahre zuvor in psychiatrischer Behandlung war, aber der Film lässt die Möglichkeit einer Vertiefung ihrer Persönlichkeit oder ihres Umfeldes verstreichen. Er verharrt an der Oberfläche, registriert, wie sich Helen immer mehr von der Außenwelt isoliert, wie sich die verschiedenen Symptome ablösen, ohne in das Innere der Figur vorzudringen; auch die Dialoge wirken oft klischeehaft.

Selbst das Verhalten des Ehemanns, der seiner ihn völlig ablehnenden Frau die Treue hält, scheint mehr dem Wunschdenken einer wohlmeinenden Autorin entsprungen als der Wirklichkeit, zumal die attraktive Besetzung mit Goran Visnijc einen anderen Verlauf nahelegt. Der Film bleibt trotz seiner Ab- gründe elegant und gefällig. Es scheint, als verließe sich die Regisseurin allzu sehr auf die Präsenz ihrer beiden Protagonistinnen, vor allem auf Ashley Judd – vielleicht weil diese ihre eigene Erfahrung einer stationär behandelten Depression einbringen konnte –, die aber letztlich überfordert wirkt. So quält sich der Film – und mit ihm der Zuschauer – auf dem schmalen Pfad einer allzu dünnen Drehbuchvorlage bis zum Happy End.

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