Kritik zu Die Legende von Ochi

© Plaion Pictures

2025
Original-Titel: 
The Legend of Ochi
Filmstart in Deutschland: 
01.05.2025
L: 
96 Min
FSK: 
Ohne Angabe

Die deutsche Entdeckung Helena Zengel spielt in diesem surrealen, in Transsylvanien angesiedelten Arthouse-Märchen ein Mädchen, das in den Wald flüchtet und Zähne zeigt

Bewertung: 3
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Wie unvorhersehbar Schauspielerkarrieren verlaufen, beweist Helena Zengel. 2020 wurde die damals 12-Jährige mit dem Deutschen Filmpreis ausgezeichnet. Im Sozialdrama »Systemsprenger« verkörperte die Berlinerin ein Mädchen, das wegen seiner Gewaltausbrüche von einer Therapieeinrichtung zur nächsten gereicht wird und das Jugendhilfesystem an seine Grenzen bringt. Die unter die Haut gehende Fallstudie eines traumatisierten Kindes hatte zugleich etwas von einem Horrorfilm. Gezähmt werden sollte es dann von keinem Geringeren als Tom Hanks im Netflix-Westerndrama »Neues aus der Welt« (2020), in dem Zengel eine von Indianern aufgezogene kleine Wilde spielte. Im ebenfalls diesen Monat anlaufenden »Transamazonia« verkörpert Zengel als einzige Überlebende eines Flugzeugabsturzes im Regenwald erneut ein Mädchen mit Hang zur Wildnis. Und im vorliegenden Film, »Die Legende von Ochi«, wird diese Fantasie noch weiter ausgebaut: Yuri (Zengel) ist die Tochter von Maxim, einem Eigenbrötler, der eine Handvoll Jungs um sich schart und mit ihnen im Wald auf die Jagd nach sagenumwobenen bösen Kreaturen, den Ochis, macht. Als Yuri jedoch ein verletztes Ochi-Baby entdeckt, haut sie ab, um es zurück zu seiner Mutter zu bringen.

Das Filmdebüt von Musikvideo-Regisseur Isaiah Saxon ist ein leider schlampig vernähtes Patchwork aus interessanten Ideen und Bildern. In seinen kuriosen Details erinnert es an Spike Jonze und Michel Gondry. Schauplatz ist eine fiktive Insel; die Stimmung ist, von den Häusern bis zu den Retro-Autos, postsowjetisch rau und von Panflötenmusik durchzogen. Halb affenartig, halb Gremlins, sind die Ochis teils via Stop Motion bewegte Puppen oder werden von Puppenspielern mit Prothesen dargestellt. Gemalte Kulissen im Mix mit realen Gebäuden, etwa einem Supermarkt im Nirgendwo, sorgen für Verfremdungseffekte.

Diese handgemachte Ästhetik bebildert eine Art überladenes Märchen. Maxim – der stets eindrucksvolle Willem Dafoe – und seine Jungstruppe symbolisieren ein brutales Patriarchat, das den permanenten Kriegszustand braucht. Sein Gegenstück ist Emily Watson als amazonenhafte Einsiedlerin. Yuri, vom Vater missachtet und sich nach der Mutter sehnend, ist in diesem Konfliktfeld erneut eine aggressive Systembrecherin auf der Suche nach Zugehörigkeit. Trost findet sie bei Tieren – wobei die witzigste Pointe der Handlung Plastik-Reißzähne sind, die Yuri aufsetzt, um dem Ochi-Baby die Angst zu nehmen. Das verweist auf den Dracula-Mythos des Drehorts Transsylvanien, dessen Schönheit in schwelgerischen Naturpanoramen gefeiert wird. 

So stimmig die dionysisch-animalische Natur der Kindfrau entwickelt wird, so sind die Botschaften doch zu platt, um einen dauerhaft in Bann zu ziehen. Gerade für Kinder scheint dieses metaphernselige Märchen allzu verkopft. Der Film wirkt wie ein Liebhaberprojekt, dessen Macher im kreativen Spieltrieb vergessen haben, ihr Publikum mitzunehmen – anregend ist er aber allemal.

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