Kritik zu Der Weiße mit dem Schwarzbrot

- kein Trailer -

2007
Original-Titel: 
Der Weiße mit dem Schwarzbrot
Filmstart in Deutschland: 
12.06.2008
L: 
76 Min
FSK: 
12

Der Schauspieler, Musiker, Autor und Ex-RAF-Mann Christof Wackernagel in Mali – porträtiert von seinem Neffen Jonas Grosch

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RAF oder Hollywood? Vor dieser Frage habe er gestanden, als Alan Parker ihm 1977 die Hauptrolle in »Midnight Express« angeboten habe, erzählt Christof Wackernagel. Die Entscheidung ist bekannt. Längst ein bekannter Schauspieler, ging er 1977 in den Untergrund. Nach 10-jähriger Haft konnte er an seine früheren Erfolge (darunter »Tätowierung« von Johannes Schaaf) anknüpfen, reagierte nach eigenem Bekunden aber zunehmend gereizt darauf, in der Öffentlichkeit und den Medien immer nur als ›der Exterrorist‹ wahrgenommen zu werden. Im Jahr 2003 übersiedelte er nach Mali, wo er seither als Musiker, Maler und Autor lebt. Weil er das deutsche Vollkornbrot vermisste, unterstützte Christof Wackernagel im malischen Bamako Einheimische beim Bau einer Bäckerei. Das Projekt war zu Ende, als der Ofen wegen Überlastung explodierte. Gescheitert war auch der Versuch, eine 100 Millionen Euro teure Friedenskarawane quer durch Afrika zu schicken, das deutsche Außenministerium unter Joschka Fischer hatte die Unterstützung versagt.

Regisseur Jonas Grosch, der Wackernagel dort besuchte, zeigt ihn in seinem Alltag, beim Musizieren und bei seinen Versuchen, weitere Projekte auf den Weg zu bringen, etwa eine Müllsammelaktion. Vor allem aber gibt er Wackernagel viel Raum zur Selbstdarstellung. So kann sich dieser über sein Leben in Afrika äußern, über die Politik der Industrie- gegenüber den Entwicklungsländern – Tiraden, die bisweilen etwas missionarisch Eiferndes haben. Man mag all diese Pläne einem ungebrochenen Weltverbesserungsdrang oder auch schlichter Naivität zuschreiben. Problematisch wird es, wenn Wackernagel über seine RAF-Vergangenheit spricht. Von seiner Rolle in der Gruppe erfährt man wenig, umso mehr von seiner Festnahme und seiner Haft, und hier tendiert er stark dazu, sich und andere Gruppenmitglieder als Opfer zu stilisieren.

Das alles mag als autobiografische Inszenierung des Protagonisten legitim sein und damit als durchaus authentische Quelle gelten. Ein Dokumentarist aber hätte die Pflicht, gerade an diesen Stellen nachzufragen. Jonas Grosch unterlässt jede Intervention, enthält sich jeden Kommentars, ist distanzlos. Das ist nicht zu entschuldigen, auch dann nicht, wenn es sich bei dem Porträtierten um den Onkel des Filmemachers handelt.

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