Kritik zu Der Boandlkramer und die ewige Liebe

© Leonine Distribution

Joseph Vilsmaiers letzter Film

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»Ich stelle mir gern vor, wie der Joseph gut gelaunt auf der Kutsche neben dem Boandlkramer sitzt und ihm die Anweisung gibt: ›Fahr nur zu! Da oben kenn' i oan, den ruf i gleich an!‹«, sinniert Michael Bully Herbig, der den Boandlkramer zwölf Jahre nach der Geschichte vom Brandner Kaspar nun noch einmal unter der Regie von Vilsmaier verkörpert. Es birgt natürlich ein gewisses Risiko, mit über 80 Jahren einen Film ausgerechnet über den personifizierten Tod zu drehen. Vielleicht ist es aber auch genau die Mischung aus bayerischer Ironie und Heimeligkeit, die zu dem Kameramann passt, der sein Regiedebüt »Herbstmilch« erst spät im Leben, mit fast 50 Jahren anpackte. Tatsächlich konnte Vilsmaier seinen letzten Film nicht mehr vollständig durch die Postproduktion begleiten, bevor er am 11. Februar dieses Jahres einem Krebsleiden erlag, von dem nur die engsten Angehörigen und Freunde wussten.

Ging es vor 12 Jahren noch um das ewige oder zumindest um 21 Jahre verlängerte Leben des Brandner Kaspar, kreist das Sequel nun um die ewige Liebe des Boandlkramers. Es war Michael Bully Herbigs Idee, das 1871 entstandene bayerische Volksstück von Franz von Kobell, Dauerbrenner auf Münchner Bühnen, weiterzuspinnen und dabei dem Tod eine eigene Geschichte zu widmen. Das Drehbuch schrieb er zusammen mit Autor und Produzent Ulrich Limmer (»Schtonk!«, »Das Sams«) und Regisseur Marcus H. Rosenmüller: Was wäre also, wenn sich der leibhaftige Tod in eine irdische Frau verliebte? Eigentlich sollte der Boandlkramer den kleinen Max holen, doch dann fleht seine Mutter (Hannah Herzsprung) an seiner Bettkante sitzend so herzerweichend um sein Leben, dass er plötzlich ganz neue, bisher unbekannte Sensationen empfindet: »Was ist denn da los? Da drin bumbert's, als ob ich ein Herz hätte . . .« Also lässt er den Jungen am Leben, liefert als Ersatz einen Höllenkandidaten im Himmel ab und schließt mit dem von Komiker Hape Kerkeling verkörperten Höllenzampano einen Pakt, der die göttliche Ordnung gefährdet. Vom Heiratsschwindler Max Gumberger (Sebastian Bezzel) lässt er sich ein Makeover verpassen, mit schuhcremegefärbtem Topfschnitt und Hochwasserhosen und Stan Laurel und Oliver Hardy als Vorbild. Auf die Tücken der Körperlichkeit bereitet ihn das allerdings nicht vor, weshalb er mit dem ersten Gartenzaun in den ­Slapstickclinch geht. Und dann kommt es zwischen den Gepflogenheiten in Himmel, Hölle und auf der Erde immer wieder zu Missverständnissen und Neuinterpretationen: »Glaubst du an den lieben Gott?«, wird der Boandlkramer mal gefragt. »Wieso glauben?«, erwidert der trocken: »Das ist mein Vorgesetzter!« Besonders vergnüglich ist die Ausstattung geraten, ein strahlendweißer Gang wird zur himmlischen Empfangshalle, die Rokokoräume des Klosters Metten werden zur göttlichen Bibliothek, und die Hölle ist hier kein finsterer Feuerschlund, sondern eine glitzernd verspiegelte Bühne für den teuflischen Entertainer: »Hier gibt's keinen Frust, immer nur Lust, die Hölle ist das wahre Paradies!«

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