Kritik zu Contra

© Constantin Film

Sönke Wortmann hat das französische Culture-Clash-Drama »Die brillante Mademoiselle Neïla« in deutsche Verhältnisse übertragen

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Naima (Nilam Farooq) will in Frankfurt Jura studieren und Karriere machen. Doch das ist nicht so einfach. Die junge Frau kommt zu spät zur ersten Vorlesung und wird prompt von Professor Pohl (Christoph Maria Herbst), einem selbstgerechten Zyniker, vor Hunderten Studenten zur Schnecke gemacht – und zwar mit fiesen Anspielungen auf ihren Migrationshintergrund. Da seine Bemerkungen, wie nicht anders zu erwarten, viral gehen, steht der für seine fremdenfeindlichen Ausfälle berüchtigte Akademiker daraufhin vor seiner Suspendierung.

Der Vorfall erinnert an jene Frankfurter Kopftuchkonferenz, die vor zwei Jahren internationales Aufsehen erregte, weil Aktivisten den Rücktritt der für die Tagung verantwortlichen Professorin forderten. An dieser Steilvorlage ist Sönke Wortmann aber nicht interessiert. »Contra« ist ein werkgetreues Remake der französischen Komödie »Die brillante Mademoiselle Neïla« aus dem Jahr 2017. Es geht um einen dünkelhaften Professor, der seinen Kopf aus der Schlinge zu ziehen versucht, indem er die von ihm beleidigte Araberin für einen internationalen Debattierwettbewerb coacht.

Wortmann hat diese moderne Version des »My Fair Lady«-Motivs auf deutsche Verhältnisse übertragen. In einigen Momenten wird sein Film sogar expliziter als die Vorlage. So tritt Naima in der ersten Runde des Debattierwettbewerbs gegen eine rassistisch argumentierende Kontrahentin an, die wie die AfD-Bundestagsabgeordnete Alice Weidel anmutet.

»Contra«, der Film, versucht gelegentlich dort hinzugehen, wo es wehtut. So soll Naima rhetorisch überzeugend darlegen, warum der Islam keine gewalttätige Religion ist – trotz des Terroranschlags am Berliner Breitscheidplatz. Die Gegenrede bei diesem brenzligen Thema wird allerdings ausgeblendet. Das ist schade. In Yvan Attals filmischer Vorlage wurde das intellektuelle Spiel mit rhetorischen Figuren schon etwas feinsinniger durchexerziert.

Bei Daniel Auteuil in der Rolle des selbstgerechten Professors spürte man die Lust an der Literatur und am Denken – aber ebenso den Dünkel eines selbstgerechten Bourgeois. Und zwar in jeder Geste. Christoph Maria Herbst mutet dagegen eher wie ein hoher Beamter an, ist aber dennoch eine gute Besetzung. Leider zeichnet das Drehbuch von Doron Wisotzky, dem mit Matthias Schweighöfer Kassenerfolge gelangen, ihn als trauernden Vater. So schlüpft Naima in die Rolle der verlorenen Tochter. Der kulturelle Disput zwischen dem arroganten Deutschen und der aufmüpfigen Migrantin ist damit bereits beendet, bevor er rhetorisch ausformuliert wurde.

Da der Blick in das migrantische Milieu, aus dem die Jurastudentin stammt, etwas pädagogisch erscheint, kann auch Nilam Farooq als Naima nur teilweise überzeugen. Was sich im französischen Original zwar nicht wie großes, aber immerhin wie Kino anfühlt, wird unter Sönke Wortmanns routinierter Regie auf die Dimension einer Fernsehproduktion heruntergebrochen. Da war mehr drin.

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