Kritik zu Concussion

© Salzgeber

2013
Original-Titel: 
Concussion
Filmstart in Deutschland: 
05.12.2013
L: 
96 Min
FSK: 
16

In diesem Debütfilm beginnt eine lesbische »Soccer-Mum« ein Doppelleben als Prostituierte, um sich selbst zu finden

Bewertung: 3
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Mittvierzigerin Abby (Robin Weigert) lebt in einem Villenvorort und verbringt ihre Tage zwischen Fitnessstudio, Kinderbetreuung und Hausarbeit. Als ihr kleiner Sohn ihr beim Ballspiel eine Kopfwunde zufügt, erleidet die sonst so gut funktionierende Ehefrau auch psychisch eine Erschütterung. Sie wird sich bewusst, wie eingeschlafen ihr Leben ist, und kauft sich ein Loft in Manhattan. Und sie sucht sexuelle Abenteuer – erst als zahlende Kundin, dann als Anbieterin. Ihr neu entdecktes berufliches Talent hebt ihre Laune, doch dabei bleibt es natürlich nicht. Vorhersehbar steuert die Geschichte auf den Moment zu, in dem ihr Doppelleben auffliegt. Doch nicht nur durch die undramatische Implosion der Ehekrise sticht dieses Independentdrama hervor, sondern auch durch die schlichte Tatsache, dass null Gewese darum gemacht wird, dass Abby mit einer Frau verheiratet ist und ausschließlich weibliche Kunden hat.
 
 
Regiedebütantin Stacie Passon präsentiert einen interessanten Mix aus »Desperate Housewives«, »Belle de Jour« und »The Kids are all right«. Wie in Letzterem spiegelt der lesbische Ehealltag auf fast erschreckende Weise die Strukturen einer traditionellen Ehe: hie die müde Versorgerin, die sich beruflich verausgabt und an Sex kein Interesse mehr hat, dort die gut ausgehaltene Hausfrau, die angesichts des Freundinnen-Gelabers über Zellulite und Soja-Latte, zwischen Pilates und Schultheater kleine Fluchten sucht. 
 
Es ist zwar seltsam, das in einer Zeit, in der darüber diskutiert wird, Prostitution wieder gesetzlich zu ahnden, Filme gedreht werden, die das Anschaffen als Weg zur Selbstfindung schildern. Abby geht nicht aus Geldnot mit anderen Frauen ins Bett und kann sich ihre Freierinnen aussuchen. Ihre Treffen haben mal therapeutisch-freundschaftlichen Charakter à la »The Sessions«, wirken aber meist wie eine Lizenz für lustbetonte Seitensprünge. Und als Abby jene niedliche Bankiersgattin zugeführt bekommt, die sie aus ihrem weiteren Bekanntenkreis kennt, scheint die einzige Gefahr am Horizont auf: dass sie sich verliebt.
 
 
Die durchdachte Inszenierung hat Momente lakonischen Humors, etwa wenn die Heterofreundinnen darüber witzeln, dass Abby ihnen auf den Hintern schaut, oder angesichts der hektischen Jurastudentin, die sich als Teilzeitzuhälterin betätigt. Meist aber geht es für einen doch recht risikolosen Ausbruchsversuch aus dem Ehealltag ein wenig zu ernst und zu prüde zur Sache – selbst wenn Hauptdarstellerin Robin Weigert (bekannt aus der Serie »Deadwood«) ein Gesicht und eine Ausstrahlung hat, die auch die ödesten Verrichtungen spannend machen.
 
Letztlich lautet die Botschaft, dass das Paradiesvogelhafte homosexueller Beziehungen auch filmisch endgültig passé ist. In den konsumistischen Tröstungen angesichts erkalteter Leidenschaft – am Haus herumwerkeln, nette Partys feiern, schöne Urlaube machen – sitzen Heteros und Homos alle in einem, gut geputzten Boot. Was irgendwie schade ist.

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