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Kostengünstig, schlicht und höchst effektiv: Der Horror-Film des norwegischen Regisseurs Viljar Bøe über einen Mann mit einem Hund der besonderen Art will an berühmte Vorbilder wie »The Evil Dead« anschließen
Sorgfältig bereitet der junge Mann die beiden Mahlzeiten zu, eine für sich und eine für sein Haustier. Teller und Napf. Nur dass der Napf dann vor einem Menschen in Hundekostüm niedergestellt wird, der sich hechelnd und freudig aufbellend darauf stürzt. Als wir dem jungen Mann anschließend dabei zusehen, wie er sich online mit einer (noch) Unbekannten verabredet, wissen wir also bereits, welche Art von Überraschung auf dieselbe wartet. Die Frau folgt ihm bereits beim ersten Date nach Hause und bleibt über Nacht; der Mann macht kein Geheimnis aus seinem seltsamen Mitbewohner. »Das ist Frank, mein Hund«, erklärt er am anderen Morgen; angesichts des Pseudo-Tieres, das seine Nase, respektive Plaste-Schnauze, zur Schlafzimmertüre hereinsteckt, fällt Sigrids Aufbruch sodann einigermaßen überstürzt aus.
»Good Boy« von Viljar Bøe macht keine Faxen und nimmt keine Gefangenen. In seinen besten Momenten erinnert das krude, kleine, knackige, 76 Minuten lange Werk aus Norwegen an das große US-Terror-Kino der siebziger Jahre, an Tobe Hoopers »The Texas Chain Saw Massacre« und Sam Raimis »The Evil Dead«; mithin zwei Filme, die von einem Fähnlein wild Entschlossener mit vollem Einsatz und unter widrigsten Bedingungen kostengünstig aus dem Boden gestampft wurden – um fortan eine Spur der Verwüstung durch die Nervenkostüme von Horrorfilm-Aficionados weltweit zu ziehen. In seinen schwächeren Momenten allerdings fehlen »Good Boy« die Reißzähne, und es holpert im Gang, dann wirkt er wie ein Schoßhündchen, das gern Kampfhund wäre und sich zu diesem Behufe ein Kostüm anzieht. Sei’s drum, auch das ist noch beunruhigend genug.
Zunächst dreht sich »Good Boy« um die Frage, ob nicht jeder das Recht hat, auf seine Fasson glücklich zu werden, solange er oder sie damit niemandem wehtut. Woraufhin ein herzhaftes »Ja!« ertönt, denn schließlich versteht man sich als aufgeklärter, moderner Mensch. Die Frage stellt übrigens Sigrids Freundin Aurora und macht bei der Gelegenheit noch darauf aufmerksam, dass es sich bei Christian um einen Millionen-Erben handelt; angesichts eines möglichen Lebens in Saus und Braus sei das mit dem menschlichen Hund doch wohl eher eine »Bagatelle«. Ein weiteres Mal erweist sich »Good Boy« als guter Schüler seiner Vorbilder, deren Splatter-Feste nicht zuletzt Bestrafungsorgien im Auftrag einer doch recht konservativen Moral waren. Auch hier führen Dummheit und Geldgier, getarnt als Toleranz direkt aufs Psychopathen-Terrain: Sigrid hätte besser ihrem zur Flucht ratenden Instinkt vertrauen sollen als einem Video im Internet, das das sogenannte »Puppy-Play« als harmloses Freizeitvergnügen für kinky Paare vorstellte. Aber hinterher ist man ja immer schlauer. Und hinterher werden einem auch jene Strampelanzüge mit applizierten Tieröhrchen, in denen krabbelnde Kleinkinder angeblich so niedlich aussehen, eher suspekt erscheinen. Um von ähnlich gestalteten Wintermützen für Erwachsene mal ganz zu schweigen.