Ihre Meinung ist gefragt, Schreiben Sie uns

© Zorro Film

2018
Original-Titel: 
Elternschule
Filmstart in Deutschland: 
11.10.2018
Sch: 
L: 
117 Min
FSK: 
keine Beschränkung

Warum werden Kinder »schwierig«? Und was können Eltern dagegen tun? Das lässt sich in Ralf Büchelers und Jörg Adolphs sehenswertem Dokumentarfilm studieren

Bewertung: 4
Leserbewertung
1
1 (Stimmen: 1)

Diese Kinder sind die Pest. Ein kleines Mädchen schreit 14 Stunden am Tag, ein anderes kämpft mit seiner Mutter um alles. Wieder andere Kinder beißen oder kratzen, wollen nicht schlafen oder essen nur Pommes und Chicken Nuggets. Ein Mädchen wirkt völlig abwesend und bewegt sich wie in Zeitlupe. Die Eltern dieser Kinder sind mit den Nerven am Ende. Eine Mutter sagt unverblümt, dass sie ihre Tochter in ein Heim geben müsse, wenn sich nichts ändere.

Auf was für fürchterliche Irrwege Erziehung führen kann, sieht man in Ralf Büchelers und Jörg Adolphs Dokumentarfilm. Und dass es nicht die kleinen Quälgeister sind, die für ihr Verhalten verantwortlich sind – der Film heißt nicht umsonst »Elternschule«. Die Regisseure begleiten mehrere Familien bei ihrer mehrwöchigen stationären Therapie in einer Klinik in Gelsenkirchen. Schlaftraining, Esstraining, Verhaltenstraining, Psychotherapie und Erziehungscoaching stehen hier auf dem Programm. Und mindestens so sehr wie die kleinen Patienten sind deren Mütter und Väter gefordert, die lernen müssen, ihren Kindern liebevoll, aber konsequent Grenzen zu setzen. Es ist ein harter Weg.

Von einer »Erziehungsmisere« in unserer Gesellschaft ist immer wieder die Rede. Lehrer klagen über unaufmerksame, respektlose Schüler. Eltern sind verunsichert: Autoritär wollen sie nicht erziehen – aber wie dann? Für diese Orientierungslosigkeit finden die Regisseure ein schönes Bild – einen Irrgarten: Aus der Vogelperspektive wäre der richtige Weg leicht zu erkennen, steckt man jedoch mittendrin, rennt man womöglich immer wieder in Sackgassen.

Als kundiger Führer in diesem Labyrinth erweist sich der Psychologe Dietmar Langer, ein amüsanter und charismatischer Mann, der als leitender Therapeut in Gelsenkirchen wahre Wunder bei verhaltensauffälligen Kindern bewirken kann. Seine Überzeugung: Kinder »testen« ihre Eltern, um in einer als chaotisch empfundenen Welt Strukturen zu finden. Wenn ein Kind etwa nur Pommes mit Chicken Nuggets essen will und die Eltern dem nachgeben, damit es überhaupt etwas isst, »lernt« das Kind, dass seine Eltern es mit dem Wunsch, das Kind möge doch auch etwas anderes essen, im Grunde nicht ernst meinen. Es wird weiter auf Pommes und Chicken Nuggets bestehen oder seinen Test womöglich noch verschärfen, indem es Pommes nur noch dann isst, wenn die Mutter ihm dabei etwas vorliest. Langer hat schon die bizarrsten Verhaltensweisen erlebt. Sein Rat: Eltern müssen Grenzen setzen, bevor sie mit dem Rücken zur Wand stehen.

Die Regisseure beobachten die Familien während der Stationen, die sie in der Klinik durchlaufen, von der Aufnahme bis zum Abschlussgespräch. Dabei bleiben sie möglichst unauffällig. Für jeden, der selbst Kinder hat, ist »Elternschule« ein Muss. Auf kleinstem Raum lassen sich Konzepte der Menschenführung und ihre Wirkung studieren. Darüber hinaus lässt der Film eine verunsicherte Gesellschaft unter Dauerhochdruck erkennen, die sich mit Autorität schwertut und ihren Instinkten kaum noch vertraut.

Mit dieser Frage versuchen wir sicherzustellen, dass kein Computer dieses Formular abschickt