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Ein Mann verliebt sich in eine Thailänderin, die jünger ist als die eigene Tochter – und wird von letzterer dokumentarisch dabei begleitet und mit kritischen Fragen traktiert
Carolin Genreith drehte 2013 einen Dokumentarfilm über ihre Mutter (»Die mit dem Bauch tanzen«), die nach der Trennung vom Ehemann in bewegter weiblicher Gemeinschaft das Leben neu entdeckt. Drei Jahre und einen Film (»Das Golddorf«) später nimmt sie nun ihren Vater ins filmische Visier. Und der kann der midlife-exhibitionistischen Mama in Sachen Peinlichkeit gut das Wasser reichen. Denn er hat sich, voll nach Klischee, ausgerechnet in eine Frau aus Asien verguckt, die jünger als seine Tochter ist.
Die findet das nicht lustig, auch wenn der Papa die zukünftige Ehefrau nicht im Katalog bestellt, sondern bei einer Reise in Thailand kennengelernt hat. Jetzt ist Tukta noch dort in ihrem Heimatdorf. Und der Verwaltungsangestellte wieder allein zu Haus auf seinem kleinen Hobby-Hof im Rheinischen. Doch die junge Frau soll nachkommen, zumindest für einen Teil des Jahres. Daraus ergeben sich Sachzwänge in Richtung Heirat, die Tukta und ihre Familie auch erwarten.
Demgegenüber steht die Kritik von Tochter Carolin (die auch Regisseurin dieses Films ist) an der neuen Bindung und den vermuteten Interessen. Der eigene Vater als Sugardaddy! Hätte er sich keine gleichaltrige Freundin in der eigenen Nachbarschaft suchen können? Und muss einem nicht Tuktas kleiner Sohn aus einer früheren Ehe leidtun, der bei ihrer Deutschlandreise bei der Großmutter zurückbleiben soll?
Die Äußerungen der Skepsis gegenüber dem Vater vor der Kamera sind wesentlicher Teil der Inszenierung. Und auch, als es dann wirklich zur Eheschließung nach Thailand geht, sind Carolin und ihr Kameramann Philipp Baben der Erde nicht nur dabei und filmen. Auch hier mischt sich die Tochter immer wieder ein mit kritischen Fragen an den Vater, die Verlobte und an zukünftige Anverwandte.
Fragen, die oft auch schon ohne Kamera übergriffig wären, hier aber den Film im Ganzen in eine fatale Richtung treiben. Denn so interessant der intime Blick auf die Liebe im Spannungsfeld globaler Ungleichheit auch sein könnte: Diese Filterung durch die töchterliche Vorwurfsattitüde lenkt die Perspektive unweigerlich von nüchterner Erkenntnis in eine moralisierende Richtung.
Eine doppelte Moral noch dazu: Denn »Happy« suggeriert in diesen Fragen die falsche Annahme, es gäbe auf deutscher Seite nicht auch materielle Interessen. Schließlich erwartet nicht nur die thailändische Großfamilie, dass sich der Darang (das Wort für westliche Männer) aus Deutschland in Zukunft um das Wohl der ganzen Familie kümmert. Dass auch dieser sich mit der jungen Ehefrau fürsorgliche Absicherung für das nahende Alter erhofft, können wir zwar ahnen, verbalisiert wird es nicht. Und die Erwartungen und Ängste der Genreiths jenseits des Vaters bleiben im Film ein komplett blinder Fleck. So bleibt es wohl dabei, dass Filme über die eigene Familie die Dreifach-Axel der dokumentarischen Kür sind, bei denen man (wie Peter Liechtis »Vaters Garten« oder David Sievekings »Vergiss mein nicht«) grandios reüssieren, aber auch leicht abstürzen kann.