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Irgendwie, so scheint es, hat man sich damit abgefunden, dass einige durchaus geschätzte Künstler Scientologen sind, solange sie weiterhin gute Kunst machen. In der Tat sind Werke wie der Science-Fiction-Filmflop »Battlefield Earth«, die Verfilmung eines Romans von Scientology-Begründer L. Ron Hubbard, mit dem John Travolta anno 2000 eher für unfreiwillige Komik sorgte, die Ausnahme. Jetzt hat sich der ebenso renommierte wie (schon fast unheimlich) produktive Dokumentarist Alex Gibney des Themas angenommen. Sein Film setzt in erster Linie auf Gespräche mit Aussteigern. Darunter befinden sich bekanntere Namen wie der Autor und Regisseur Paul Haggis (35 Jahre lang Scientologe) und der Schauspieler Jason Beghe (13 Jahre Scientologe), aber auch eine Reihe von Menschen, die zum innersten Kreis gehörten, wie die PR-Beraterin Spanky Taylor (13 Jahre bei Scientology) und Mike Rinder, der 25 Jahre lang Sprecher von Scientology war. L. Ron Hubbard kommt in einem alten Interview zu Wort, wo er eher jovial wirkt, während Tom Cruise (als prominentester Scientologe) und Hubbards Nachfolger als Leiter der Organisation, David Miscavige, bei ihren Ansprachen während einer Scientology-Gala 2012 voller Sendungsbewusstsein sind.
Der Film widmet sich der Biografie Hubbards, der seine Militärzeit schönte, indem er sie mit schweren Verwundungen ausschmückte, und seine erste Frau bedrohte. Mit über tausend Publikationen hält er einen Weltrekord, spannend ist mitzuverfolgen, wie seine Ideen für Science-Fiction-Storys Eingang in seine »Dianetics«-Konstruktion fand: Das 1950 veröffentlichte Werk umriss die Grundlagen seiner Lehre.
Wie kommen intelligente Menschen dazu, sich ganz und gar in die Hände einer Organisation zu begeben, die sie Gehirnwäsche aussetzt? Paul Haggis erzählt, wie er sich als junger Mensch wegen eines Problems an Scientology wandte; als sich dieses zu seiner Zufriedenheit löste, gewann Scientology sein Vertrauen, das erst nachhaltig erschüttert wurde, als er eine sogenannte höhere Bewusstseinsstufe erlangt hatte und daraufhin mit den kruden Theorien der Organisation vertraut gemacht wurde. Die kamen ihm dann tatsächlich wie schlechte Science-Fiction vor.
Gibneys Film liefert kein komplettes Bild (da habe ich aus Andrew Mortons Tom-Cruise-Biografie mehr erfahren), ist aber sehenswert, weil er den Finger auf die Wunde legt.