Berlinale-Special: »Watergate«

»Watergate or: How we learned to Stop an out of control president«
»Watergate – Or: How We Learned to Stop an Out of Control President« (2018). © The Richard Nixon Presidential Library and Museum (National Archives and Records Administration)

Die Anfänge erinnert man noch, wenn man 1972 ein bestimmtes Alter hatte: den Einbruch in das Hauptquartier der Demokratischen Partei in Washington, die Ermittlungen einiger Zeitungsreporter, die mehr und mehr Verbindungen zwischen den Einbrechern und höchsten Stellen im Weißen Haus aufdeckten. Und man erinnert sich an das Ende: den Rücktritt des kompromittierten US-Präsidenten Richard Nixon.

Man kann sich daran auch erinnern durch das Kino, von Alan J. Pakulas »Die Unbestechlichen« mit Robert Redford und Dustin Hoffman in den Rollen der investigativen Reporter Woodward und Bernstein, bis hin zu zwei relativ neuen Filmen, Peter Landesmans »The Secret Man«, der die Geschichte aus der Perspektive ihres lange Zeit anonymen Informanten »Deep Throat« des stellvertretenden FBI-Direktors Mark Felt, erzählte, bis hin zu Steven Spielbergs »Die Verlegerin«, der den Druck des Weißen Hauses auf die Presse schilderte. Was zumindest ich vergessen hatte: dass das Ganze sich über zweieinhalb Jahre hinzog, dass es einen Watergate-Untersuchungsausschuß gab, dessen Verhandlungen im amerikanischen Fernsehen live übertragen wurden, und dass es schließlich ein Verfahren zur Amtsenthebung des Präsidenten gab, der die Herausgabe von Material immer wieder verweigerte.

262 Minuten dauerte der Film von Charles Ferguson, damit der längste aktuelle Film im diesjährigen Berlinale-Progamm. Der Anfang mit dem Verweis auf reenactments war wenig vielversprechend, diese Szenen aus dem Oval Office, wo Nixon mit seinen Getreuen überlegte, mit welch illegalen Mitteln sie ihren Gegnern schaden könnten, hätte es nicht gebraucht, für mich hätte es auch gereicht, die Dialoge zu hören oder zu lesen. Aber der Film hatte offenbar ein größtmögliches Publikum im Auge. Spannender waren da die Statements der Zeitzeugen und Beteiligten, ein Coup des Films war, auch John Dean dafür gewonnen zu haben, der aktiv an diesen Verschwörungen beteiligt war und später gegen Zusicherung von teilweise Straffreiheit zum Kronzeugen der Anklage wurde. Im zweiten Teil spielten die reenactments dann auch nur noch eine geringere Rolle, hier sah man vor allem die Befragungen vor dem Untersuchungsausschuss und hörte die Helden von damals, die sich auch in den Interviews von heute ähnlich kampfeslustig zeigten wie vor 25 Jahren, allen voran der damalige Staatsanwalt Robert Ben-Veniste und die seinerzeit ganz junge Kongressabgeordnete Elizabeth Holtzman. Ein Stück lebendige Demokratie.

Der Film enthält sich jeglicher Verweise auf die Gegenwart, die Parallelen sind auch so unübersehbar. Im anschließenden Gespräch erklärte der Regisseur, er hoffe auf ein impeachment-Verfahren am Ende der Amtszeit von Präsident Trump und ohne eine Begnadigung durch seinen Nachfolger, wie sie damals Gerald Ford Richard Nixon zukommen lies.

Eine großartige Geschichtsstunde, leider nur einmal im diesjährigen Berlinale-Programm auf dem Spielplan – Fernsehsender oder ein DVD-Anbieter würden sich mit dem Ankauf einen großen Verdienst erwerben.

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