Glorious Technicolor: Blood and Sand

»Blood and Sand« (1941)

Abseits der technisch-ästhetischen Aspekte lässt Christine N. Brinckmann im Glorious Technicolor­-Band kaum ein gutes Haar an Blood and Sand: "Tyrone Power stößt als Stierkämpfer wie als Sterbender an seine schauspielerischen Grenzen, und manchen erotischen Szenen fehlt die Chemie. Das Drehbuch wirkt altmodisch und sentimental, manche Dialoge klingen hölzern, und mitunter schleicht sich ein moderner US-amerikanischer Tonfall ein, obwohl der Film im historischen Spanien spielt." Und sie zitiert das Klischeemuster des Matadoren-Melodrams, wie es Robert Roark über Stierkampfbücher formuliert hat: "poor boy makes good as matador, gets spoiled by success, drinks too much an-or takes up with ruinous women; loses his courage and catches himself on a horn."

Ganz unrecht hat sie nicht; aber doch kann man sich prächtig amüsieren. Denn Rouben Mamoulian setzt seine Klischeestory mit seinen Hollywood-Schauspielern im Spanienmodus recht flott in Szene, mit einigen sehr schönen Gags. So der junge Juan, gespielt von Rex Downing, der sich in Männlichkeitsposen übt: In den Kneipen sich Zigarren und Wein mopst, einen Streit vom Zaun bricht, dann zu einer Ranch zieht und fast nackt im nächtlichen Rund mit einem Stier tanzt, in mutiger, kraftvoller Bewegung das Tuch schwingt… Um sein Mädel, nicht älter als er, also noch ein Kind, zu beeindrucken. Das ist schön ironisch erzählt, ebenso wie die ständigen Fiestas, die zum Klischee-Traum-Spanien gehören; wenn dann später eine kleine Musikercombo für Carmen, die Angebetete, ein Ständchen bringt und sich dabei in übertriebenen Pathos stürzt, dann ist das ebenso lustig wie der Verführungsversuch von Rita Hayworth, die Juan, inzwischen gefeierter Matador und glücklich mit Carmen verheiratet, mit einem Gitarrenliedchen anträllert – woraufhin er einschläft. Er wird sie dann nach dem Aufwachen in ihrem Zimmer schlafend entdecken, und am nächsten Tag ihren Ring tragen – wahrscheinlich also hat er sie noch wecken können…

Klar: Recht schwach ist, dass man den Herrn Stierkämpfer erst nach einer Stunde bei einer Corrida sieht – und dann auch nur von hinten, weil der Herr Power sich zu fein war, mit einem riesigen Stier die Arena zu teilen, und sich doubeln ließ. Und klar hat Brinckmann recht, wenn sie das Überdeutliche und Redundante der Filmhandlung beklagt. Aber man muss es vielleicht einfach als eine Frühform von Audiodeskription sehen, wenn für die Zuschauer mit Sehschwäche nochmal erzählt wird, was die Leinwand bietet: So schön ist es, wie Juan im Kreis seiner Bewunderer auf dem Höhepunkt seines Ruhmes eine Art Pressekonferenz gibt, dabei auf einer Art Thron sitzt inmitten von blauem, gelbem und rotem Tuch – und später seine Frau erklärt, er sehe aus wie ein König. Oder wenn sein Kumpel stirbt, mit ausgebreiteten Armen im Krankenbett liegt, und später nochmal deutlich erklärt wird, dass das Kruzifix in der Kirche ebenso wie jener John Carradine aussieht. Für den Zuschauer ist es doch auch nett, wenn seine Gedanken bestätigt werden – dass Hayworths Doña Sol mit dem Matador spielt wie dieser mit dem Stier in der Arena, als sie sich vom Pferd herunter aufs Gras sinken lässt, um ihm die Jungfrau in Nöten vorzuspielen – und sie dann später tatsächlich mit ihm Stierkampf spielt.

Nein, abseits all dessen hat Blood and Sand durchaus inszenatorische Qualitäten, eine flotte, elliptische Erzählung, die vor allem in der ersten Hälfte ihre Szenen oft mit schönen Pointen abschließt. Und wenn Juan Doña Sol küsst, ohne zu wissen, dass auch seine Ehefrau Carmen zugegen ist, wenn er dieser dann gewahr wird – dann sieht man förmlich sein Karma mit gebrochenen Flügeln bedröppelt von der Leinwand schleichen; von nun an geht’s bergab, denn irgendwann muss schließlich im Sand Blut fließen.

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