Sky: »The Gilded Age« Staffel 3

»The Gilded Age« (Staffel 3, 2025). © HBO

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Manieren und Moneten

Glaubt man der Serie »The Gilded Age«, die im New York der 1880er spielt, so wurde damals Etikette wahnsinnig wichtig genommen, während große Geschichte völlig nebenbei passierte. Natürlich ist das im Kern das Erfolgsrezept aller Serien, die zu früheren Zeiten spielen: Während Edison die Glühbirne erfindet, Eisenbahner für bessere Löhne und Frauen für ihr Wahlrecht kämpfen, regt man sich in den Palästen der Upper East Side darüber auf, ob das richtige Geschirr benutzt wird und wer das Recht hat, am Kopf des Tisches Platz zu nehmen. Es ist aufwendig, historische Ereignisse in Szenen mit Schauspielern zu übersetzen. Aber wenn Carrie Coon als Bertha Russell, Gattin des »Räuberbarons« George Russell (Morgan Spector), mit blitzenden Augen die Porzellanauswahl ihrer Bediensteten niedermacht, ist das großes Drama. Ganz zu schweigen von dem Duell der missbilligenden Blicke, das die verwitweten alternden Schwestern Ada (Cynthia Nixon) und Agnes (Christina Baranski) regelmäßig miteinander austragen.

Julian Fellowes’ Nachfolgeprojekt zu »Downton Abbey« läuft seit ein paar Jahren wie unter dem Radar. Ab und an gibt es Lob für die Schauspieler, aber im Ganzen wurde die Serie als flacher Ableger des Vorgängers abgetan. Tatsächlich wirken die Handlungsstränge im üblichen Upstairs-Downstairs-Muster, bei dem die Intrigen der Salons in denen der Bedienstetenküchen gespiegelt werden, oft etwas abgedroschen. Auf der anderen Seite hat sich die Serie mit den 1880ern eine Epoche ausgesucht, deren Details auch ohne Plot schon Spannung bieten.

Wie in Staffel 1, in der die Russells als Neureiche um Aufnahme in die etablierten Zirkel der New Yorker Society kämpfen mussten, und Staffel 2, in der die Neuordnung der Gesellschaft in Gestalt des Neubaus eines Opernhauses verhandelt wurde, gibt es nun auch in Staffel 3 eine Art Leitthema. Diesmal geht es um nicht mehr und nicht weniger als den Umgang mit geschiedenen Frauen. Und in »Gilded Age«-typischer Weise wird die delikate Frage, ob man eine geschiedene Frau »allein« zu einem Ball einladen kann, beziehungsweise ob man einen Ball besuchen sollte, auf dem sich geschiedene Frauen tummeln, mit größerem dramatischen Aplomb abgehandelt als die in der Staffel ebenfalls aufgeworfenen Themen des Frauenwahlrechts, der afroamerikanischen Emanzipation oder der ständig drohenden Finanzkrisen.

Dem Vergnügen an der Serie tut das wie gesagt keinen Abbruch. Was sich zum Beispiel zwischen den Schwestern Ada und Agnes ereignet, ist einmal mehr vielschichtig und anrührend. Die Vermögensverhältnisse in ihrem Haushalt haben sich so drastisch verschoben, dass die einst dominante Agnes sich ihrer vormals armen Schwester Ada unterordnen muss. Baranski verleiht ihrer Figur mit fantastischem Nuancenreichtum eine immer interessante Mischung aus Stolz, Trotz und Gekränktheit, aus der sie dann in wichtigen Momenten herausfindet, um ihrer trauernden Schwester Empathie zu zeigen.

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