DVD-Tipp: »Der alte Affe Angst« (2003)

»Der alte Affe Angst« (2003). © Leonine Distribution

© Leonine Distribution

Digital restauriert

In seinem unermüdlichen Bemühen, die emotionalen Herausforderungen des menschlichen Daseins in gültige Filmbilder zu fassen, scheut Oskar Roehler bekanntlich keine Peinlichkeit. Und die Schauspieler*innen, die die solcherart gegebene Gelegenheit zur Grenzerforschung an- und wahrnehmen, laufen in Roehlers Werken regelmäßig zur Hochform auf: Hannelore Elsner in »Die Unberührbare«, Moritz Bleibtreu in »Agnes und seine Brüder«, Oliver Masucci in »Enfant Terrible« und auch André Hennicke in »Der alte Affe Angst«; 2003 auf der Berlinale uraufgeführt und nun im Rahmen des »Filmförderprogramm Filmerbe« digital restauriert und neu aufgelegt.

Robert und Marie lieben sich, doch die Liebe ist eine Zicke und legt sich quer; denn Robert, der Theaterstücke schreibt, hat eine neurotische Künstlerseele und laboriert an seiner Impotenz, und Marie, die auf einer Kinderkrebsstation arbeitet, ist von labilerem Wesen, als sie sich anmerken lässt. Im Ringen umeinander geht in der Folge nicht nur Mobiliar zu Bruch.

Roehler setzt in »Der alte Affe Angst« ein eigenes Drehbuch in Szene und schont niemanden: nicht Vadim Glowna, der in der Rolle von Roberts Vater kreidebleich, doch erbittert gegen das terminale Siechtum ankämpft – und verliert; nicht Marie Bäumer, die als Roberts Frau zäh an einem Rest Hoffnung festhält – welche aber halt zuletzt stirbt; nicht Hennicke, der seine Studie eines lächerlichen Mannes auf dessen Feigheit vor dem Leben aufbaut – und der sich also aus lauter Angst dergestalt zum Affen macht, dass man sich fremdschämt.

Eros und Thanatos heißen die beiden Riesen, die die Verheerungen in den kümmerlichen Existenzen dieser Menschen anrichten, die wiederum gegen diese Urkräfte allein mit der Idee der romantischen Liebe zu Felde ziehen. Das kann natürlich eigentlich nicht gut gehen; da aber Roehler der entschlossenste Melodramatiker seit Fassbinder ist, präsentiert er die Verausgabung der Figuren, die zugleich die seiner Schauspieler*innen ist, mit gnädigem Gestus. Und der ist mit das Anrührendste an diesem Film.



Der alte Affe Angst D 2003 R: Oskar Roehler. Da: André Hennicke, Marie Bäumer, Vadim Glowna Anbieter: Leonine.
VÖ: 8. April 2022

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