Disney+: »The Old Man«

»The Old Man« (Serie, 2022). © Prashant Gupta/Kurt Iswarienko/FX

© Prashant Gupta/Kurt Iswarienko/FX

Noch kein ganz altes Eisen

Ist der Titel nun Programm oder doch eher ironisch gemeint? Ein paar Momente lang ist man sich zu Beginn der ersten Folge von »The Old Man« nicht ganz sicher, zumal wenn man ohne Vorwissen an die von Jonathan E. Steinberg (Black Sails) und Robert Levine entwickelte Serien herangeht und auch den ihr zugrunde liegenden Roman gleichen Titels von Thomas Perry nicht kennt. Denn Jeff Bridges, der ja zumindest die 70 inzwischen hinter sich gelassen hat, wirkt hier tatsächlich erst einmal wie ein ziemlich alter Mann: Nächtlicher Harndrang treibt ihn wieder aus dem Bett, Visionen seiner toten Frau lassen ihn nicht los, und die Sorge vor einem möglicherweise einsetzenden Gedächtnisverlust scheint eine gewisse Unkonzentriertheit zur Folge zu haben.

Doch es dauert dann nicht allzu lange, bis man realisiert, dass der von Bridges gespielte Dan Chase alles andere als ein kurz vor der Hilflosigkeit stehender Rentner ist. Im Gegenteil. Chase ist ein ehemaliger CIA-Agent der besonders abgebrühten Sorte, stets bewaffnet, mit seinen beiden Rottweilern immer auf der Hut und mit der erwachsenen Tochter zu ihrer Sicherheit bloß telefonisch in Kontakt. Die Vorsicht ist nicht unbegründet: Nach Jahren des Abgetauchtseins muss Chase eines Nachts plötzlich einen Angreifer abwehren, der ihm nach dem Leben trachtet, und befindet sich unversehens wieder auf der Flucht. Dass von Altersschwäche kaum die Rede sein kann, zeigt sich schnell, so dass es Chases ehemaligem Wegbegleiter und Kontakt beim FBI, Harold Harper (John Lithgow), mitsamt seiner Mitarbeiterin Angela Adams (Alia Shawkat) und dem CIA-Abgesandten Raymond Waters (E.J. Bonilla) nicht gelingt, ihn in die Finger zu bekommen.

So simpel, wie sich diese Inhaltsbeschreibung liest, ist die sieben Episoden umfassende erste Staffel von »The Old Man« (eine zweite ist bereits bestellt) bei weitem nicht. Die Spur führt zurück in die Zeit des russischafghanischen Kriegs in den 80er Jahren, wo Chase (in Jung gespielt von Bill Heck) sich mächtige Feinde gemacht hat und seine spätere Frau (verkörpert von Leem Lubany und Hiam Abbass) kennenlernte. Immer neue Geheimnisse tun sich auf, auch in der Gegenwart, und wem zu trauen ist, wer nun gut und wer böse ist, verändert sich durch ständig neue Wendungen in einer Tour. Ganz besonders als die einsame Zoe McDonald (Amy Brenneman) Chases Weg kreuzt und sich obendrein ein Auftragskiller (Gbenga Akinnagbe) an seine Fersen heftet.

Das Tempo der Serie ist ausgesprochen langsam und der Plot manchmal umständlich erzählt, dennoch entwickelt sie eine sogartige, atmosphärische Spannung. Das verdankt sich natürlich auch Hauptdarsteller Bridges, der in seiner ersten Rolle seit einer krankheitsbedingten Auszeit zu großer Form aufläuft. Zur Stärke der Serie gehört aber auch, dass daneben Platz für andere bleibt: Nicht nur Lithgow, sondern vor allem die Frauen wie Brenneman und Shawkat setzen in »The Old Man« zusätzliche Glanzlichter.

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