Sky: »Costa Concordia – Chronik einer Katastrophe«

- kein Trailer -

2021
Original-Titel: 
Costa Concordia – Chronik einer Katastrophe
Heimkinostart: 
13.01.2022
V: 
L: 
90 Min
FSK: 
Ohne Angabe
Minuziös und gruselig

Die Küstenwache erfuhr von dem sich anbahnenden Unglück eher zufällig. Gegen 22 Uhr meldete sich dort ein Carabiniere aus einem Vorort von Florenz. Er habe den besorgten Anruf einer Frau erhalten, deren Mutter sich an Bord der »Costa Concordia« befand. Dort herrsche nach einem Stromausfall Panik. Das war 45 Minuten nachdem das Kreuzfahrtschiff mit einem Felsen kollidiert war. Der Kapitän, der die Havarie durch ein fahrlässiges Manöver verschuldet hatte, wusste zu diesem Zeitpunkt längst, dass das manövrierunfähige Schiff sinken würde. Dennoch setzte er keinen Notruf ab. Unruhige Passagiere wurden angewiesen, in ihre Kabinen zu gehen.

Fast auf den Tag genau hundert Jahre nach dem Untergang der »Titanic« im Jahr 1912 ereignete sich das Unglück der »Costa Concordia«. An Bord dieser schwimmenden Stadt befanden sich mehr als doppelt so viele Menschen wie seinerzeit auf der »Titanic«. Die surreal anmutenden Bilder des schneeweißen Ozeanriesen, der vor der italienischen Küste auf der Seite lag, gingen um die Welt. Seither wurde die Katastrophe, bei der »nur« 32 Menschen ertranken, mehrfach im Fernsehen thematisiert.

Zum zehnten Jahrestag realisierte Michael Mueller gemeinsam mit der italienischen Autorin Mariangela Barbanente eine Dokumentation, die den Hergang des Desasters minuziös nachzeichnet. Neben Sachverständigen und Rettern kommen vier deutsche Passagiere zu Wort, die das Schiff erst mit den letzten Rettungsbooten verließen. Neben Handyvideos, die die gruselige Stimmung an Bord erahnen lassen, zählen deren beklemmende Schilderungen, wie Menschen in ihrer Nähe ertranken, zu den beeindruckenden Momenten.

Schwerpunktmäßig geht es um jene Ereignisse auf der Kommandobrücke, wo Francesco Schettino, der Kapitän, kurz vor der Katastrophe mit einer langbeinigen Blondine im roten Kleid erschien. Auf seinen Befehl hin wurden Automatik und Radar deaktiviert. Nur so konnte das Schiff die Insel Giglio extrem nah passieren. In der Vergangenheit hatte dieses prahlerische Manöver immer funktioniert. Doch diesmal verwechselte der Schiffslenker – ein Migrant, der kein ausgebildeter Steuermann war und seit der Katastrophe verschollen ist – die Kommandos Steuerbord und Backbord. Worauf der Ozeanriese vom Felsen aufgeschlitzt wurde.

Um diese Ereignisse dramatisch aufzubereiten, hilft die Dokumentation mit Reenactments nach. Der italienische Darsteller Antonio Di Mauro schlüpft in die Rolle des wahnwitzigen Kapitäns, der sein Fehlverhalten zu vertuschen versuchte. Er verließ das Schiff, als noch zahlreiche Passagiere um ihr Leben kämpften. Diese Chronik einer vermeidbaren Katastrophe wird durchaus akribisch rekonstruiert. Dennoch verfolgt man die Darbietung mit gemischten Gefühlen. Geschildert wird ein wahrer Alptraum. Doch das erkennbare Bemühen, nachinszenierte Szenen mit authentischen Bilddokumenten zu einer erzählerischen Einheit zu verschmelzen, kann die Assoziation einer ZDF-Schmonzette wie »Das Traumschiff« nicht ganz vermeiden. Schade eigentlich.

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