Game of Thrones: The Door (S06E05)

Ein Recap
»Game of Thrones: The Door«

Foto: © HBO

In »The Door« bringt die Begegnung mit der Hohepriesterin des Lord of Lights, Lady Kinvara, die säkularen Skeptiker Tyrion und Varys aus dem Konzept. Ist die Existenz einer höheren Macht doch möglich? Hat alles seinen vorgeschriebenen Weg – oder ist es nur eine Art der self-fulfilling prophecy wie im Fall von Bran und Hodor?

Mit »The Door« erreicht die sechste Staffel »Game of Thrones« die Mitte wie auch ihren unangefochtenen Höhepunkt. Die Folge wirft an mehreren Stellen einen Blick zurück in die (Serien-)Geschichte und zieht für ihre Figuren entsprechende Konsequenzen: Sansa konfrontiert Littlefinger über die Geschehnisse in Winterfell, Dany überdenkt ihre Beziehung mit Ser Jorah, Arya bekommt von den Faceless Men eine zweite Chance und Bran entdeckt das Geheimnis von Hodors Vergangenheit, die auf tragische Weise mit der Gegenwart verbunden ist. Der herzzerreißende Heldentod des sanften Riesens im Finale der Folge brennt sich in die Köpfe der Zuschauer ein als einer der stärksten Momente der Serie.

Wie kaum eine andere Folge ruft »The Door« bekannte Figurendynamiken, Handlungsschauplätze und Szenen vergangener Staffeln ins Gedächtnis des Zuschauers. Es ist die Episode mit den meisten Déjà vus. Daenerys Targaryen darf als khaleesi ein weiteres Mal einen dothrakischen Reiterzug anführen. Diesmal ist sie allein an der Spitze, ohne einen Khal Drogo, dafür aber mit einem noch größeren khalesar. Doch ist das wirklich eine Verbesserung? Wandelt sich Dany zur gnadenlosen Gewaltherrscherin? Ihre zärtliche Szene mit Ser Jorah in »The Door« ist ein geschickter Einschub, der uns versichern soll, dass ihre Menschlichkeit (noch) intakt ist.

David Benioff und D.B. Weiss beschwören in »The Door« die Erzählstärke von »Game of Thrones«, die nicht in der Fortsetzung, sondern im Aufeinanderstapeln von Handlung liegt. Der expansive Erzählkosmos von Westeros zieht sich zusammen und intensiviert sich durch die vielseitige Wiederholung und Variation des bereits Gesehenen. Erst dadurch wird die Narration komplex: Es gibt keine unbeschriebene Szene, keinen neutralen Raum. Alles ist mit Geschichte behaftet. Die Figuren agieren aus ihrer Befangenheit mit dem Vergangenen heraus, Sinn erschließt sich erst in Verknüpfung mit dem Vorangegangenen. Keiner verkörpert das besser als Theon Greyjoy, der im Verlauf der Serie immer mehr Facetten anhäuft: Von Ned Starks Mündel zum Verräter zu Reek zu Sansas Retter zum geläuterten Bruder.

»Game of Thrones« ist voll von meta- und intertextuellen Spielereien. In doppelsinnigen Aussagen verweist die Serie gerne auf sich selbst und verzahnt verschiedene Ebenen der Erzählung, wie Aryas und Sansas Handlungsstränge zeigen. In Braavos soll Arya die Schauspielerin Lady Crane ermorden, die in einer Theatergruppe Queen Cersei mimt. Die Truppe spielt eine verzerrte Variante der Geschehnisse nach: Joffrey und Cersei sind die Helden, Tyrion der niederträchtige Schurke und Ned Stark ein dummer Hanswurst. Hinter der Bühne stehen die Dinge noch einmal anders:  Lady Crane hat mit ihrer Rolle gar nichts gemein. Sie ist anständig, witzig, talentiert. Wer sollte so einen guten Menschen nur tot sehen wollen? Wahrscheinlich die neidische der Sansa-Schauspielerin Bianca, vermutet Arya. Fiktion und Wirklichkeit verschränken sich zu grotesken Spiegelbildern.

»Hold the door.« Die titelgebende Tür bezieht sich auf die eindrückliche Endsequenz der Folge. Der Night’s King ist auf Bran aufmerksam geworden und greift mit seiner untoten Armee das Lager des Three-Eyed Raven an. Einer nach dem anderen opfert sich auf, um Bran die Flucht zu ermöglichen: Schattenwolf Summer, der Raven und die Children of the Forest, welche die White Walkers einst als Waffe gegen die ersten Menschen erschaffen hatten. Die spektakuläre Sequenz knüpft an den Erfolg von »Hardhome« (S05E08) an und stellt die Eiszombies in der beeindruckenden Kombination von CGI, Maske und Spezialeffekten als Schauwert der Serie aus.

Doch liegt das Herz des Finales nicht in der Action, sondern in der raffinierten Schleife aus Rückblick und Gegenwart, die Hodors tragisches Schicksal als Konstante hat. Wie sich herausstellt, ist Bran selbst für das Entstehen von Hodor verantwortlich, als er zur gleichen Zeit die Kontrolle über den jungen Wylis aus einer Vision und den Hodor in der Höhle ergreift. Wylis erleidet einen Anfall und fällt zu Boden, während Hodor auf Befehl von Meera den Weg der Verfolger blockiert: »Hold the door!« . Meeras Ruf schallt aus der Gegenwart in die Vergangenheit und wird von Wylis als Mantra wiederholt: »Holdthedoor, holthdor, hodor.« Wylis erfüllt seine Bestimmung: Bran und Meera fliehen, während Hodor beim Zurückhalten der Untoten sein Leben lässt.

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