Game of Thrones: Oathbreaker (S06E03)

Ein Recap
»Game of Thrones: Oathbreaker« (S06E03)

Foto: © HBO

In »Game of Thrones« sind aufrechte Männer und Frauen Mangelware. Nur hoffnungslose Träumer wie Sam glauben noch an Ehre und Loyalität. Er will sich in Oldtown zum Maester ausbilden lassen, um seinem Lord Commander und Freund Jon dienen zu können. Wird er seinen Vorsätzen weiterhin treu bleiben, wenn er erfährt, dass Jon die Nachtwache verlassen hat, nachdem diese ihn ermordete?

»Oathbreaker« ist eine typische Übergangs-Episode. Die Handlung wird aus den neuen Startpositionen der Exposition heraus nur langsam in Gang gesetzt. Die Folge serviert uns kleine Häppchen, die unseren Hunger auf Antworten doch nicht stillt, sondern noch weiter antreibt. Wie bei Bran erweckt das Gesehene in uns den sehnlichen Wunsch nach mehr. »Enough for today«, sagt dann der dreiäugige Rabe und holt uns in die Wirklichkeit zurück. Ausgerechnet jetzt! 50 Minuten »Game of Thrones« sind einfach nicht genug.

»When you play the game of thrones, you win or you die. There is no middle ground«, sagte Cersei einst. Jon Snow ist der erste, der das Rad bricht. Er hat er sich entschieden, das Richtige zu tun, und wurde dafür ermordet. Jetzt ist er von den Toten zurück. Nicht, weil er will, sondern weil wir wollen: So darf seine Geschichte nicht enden. Der Gescheiterte bekommt eine zweite Chance. Wozu? Um besser zu scheitern, antwortet Davos frei nach Samuel Beckett. Also richtet er als letzte Amtshandlung die Rädelsführer der Meuterei hin und kehrt der Mauer endgültig den Rücken: »And now my watch is ended.« Wohin wird sein Weg ihn führen? Werden Davos und Tormund sich ihm anschließen? Jon Snow ist der neue Joker im Spiel der Throne.

Das Brechen von Regeln und Erwartungen zog sich durch die ganze Folge. »Oathbreaker« schildert, auf welch unterschiedliche Weise Regeln, Schwüre und Erwartungen hintergangen werden. Nicht nur die Mauer ist in letzter Zeit zu einem häufigen Schauplatz des Eidbruches geworden. Daenerys gerät in Vaes Dothrak in Schwierigkeiten, weil sie sich gegen die Gepflogenheiten der Dothrakis gestellt hat. In King’s Landing haben Cersei und Jaime Lannister ihr Vertrauen verspielt. Ein Kampfgericht soll die verlorene Ehre der Königsmutter wiederherstellen. Cersei legt ihr Schicksal in die Hände des Mountain-Zombies und verlässt sich dabei zu sehr auf ihre neue Trumpfkarte.

Manchmal ist der Eidbruch jedoch ein notwendiges Mittel, um in der Schere zwischen Ideal und Wirklichkeit eine vernünftige Entscheidung zu treffen. So stellt Varys in Meereen eine Anhängerin der Sons of the Harpy vor die Wahl: Entweder stirbt sie für ihre Überzeugungen oder verrät ihre Konspiranten und rettet damit sich selbst und ihrem Sohn das Leben. Die Frau stellt das Persönliche über das Allgemeine, der Eunuch bekommt seine Namen. Varys‘ Relativismus regt zum Nachdenken an: Wäre Westeros wirklich ein besserer Ort, wenn sich alle wie Ned Stark verhalten würden? Immerhin hat Jaimes unehrenhafter Mord an dem Mad King eine ganze Stadt vor einem grausigen Schicksal bewahrt.

Schließlich erfährt Bran in einer neuen Vision, dass auch Eddard Stark nicht frei von Tadel ist. Auf der Suche nach seiner entführten Schwester Lyanna kam es in Dorne zu einem berühmt gewordenen Duell mit dem Königsgardisten Ser Arthur Dayne, das sich doch nicht so zugetragen hat, wie Bran es aus den Erzählungen kennt. Ned war seinem Kontrahenten hoffnungslos unterlegen und konnte den Sieg nur mit Hilfe seines Begleiters Howland Reed erringen, der den Gegner unrühmlich von Hinten erstach.

Legenden bauen auf Lügen. Die Geschichte von Westeros wird immer noch von ihren Siegern geschrieben, die sich nachträglich ins bestmögliche Licht rücken. Was in »Game of Thrones« über die Vergangenheit erzählt wird, ist genauso wichtig wie die Frage, wer erzählt und warum. In diesem Geflecht verschiedener Perspektiven und Intentionalitäten kommen Brans Visionen der Utopie einer objektiven Wahrheit am nächsten, weshalb man seine Fähigkeit gar nicht hoch genug schätzen kann. Bevor Bran jedoch erfahren kann, was sich danach im Tower of Joy wirklich zugetragen hat, holt ihn der Rabe zurück. Ein Geheimnis nach dem anderen. Wo bleibt denn sonst der Spaß?

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