Internationales Kurzfilmfestival Kerbala: Von Kriegen gezeichnet

»Kurzfilmfestival in der irakischen Stadt Kerbala«

»Kurzfilmfestival in der irakischen Stadt Kerbala«

Iranische und irakische Filmemacher präsentieren sich auf dem internationalen Kurzfilmfestival in der irakischen Stadt Kerbala

Für junge iranische und irakische Filmemacher ist das Al-Nahj-Kurzfilmfestival, das Anfang April in der heiligen Stadt der Schiiten in Kerbala südlich von Bagdad stattfand, eine der wenigen Möglichkeiten, im Irak ihre Filme zu zeigen. Ali Munther, Regisseur des sozialkritischen Films »Organo« (über Organhandel) sagt, dass sein Film nirgendwo im Irak gespielt werde, sondern nur auf Festivals im Ausland. Die Filmausbildung stehe am Anfang, fügt er hinzu. Es gab und gibt zwar an Universitäten Kurse in visueller Kunst, aber die unter Saddam Hussein suspendierte unabhängige Filmproduktion läuft erst seit 2004 an.

Etwa die Hälfte der irakischen Regisseure verarbeitet die Kriege und Gewaltakte, mit denen sie aufwachsen mussten. Der prämierte Film Chemical von Saif Al-Kanaani handelt von den Folgen der chemischen Bomben aus der Zeit Saddams. In »Ant’s Apartment« von Tofiq Amani erhalten die vergrabenen zivilen Opfer des iranisch-irakischen Krieges eine Stimme. Das Ehepaar, das die Anthropologen am Ende des Films ausgraben, spricht aus dem Off miteinander, während visuell nur die Landschaft – sozusagen aus Ameisenperspektive – zu verschiedenen Tageszeiten in stets derselben Einstellung zu sehen ist. In dem prämierten Film »The Violet« von Bayir Al-Rubaiee erwacht ein Junge in einem Auto. Die ganze Familie ist tot. Er steigt aus, Scharfschützen schießen, er rennt fort, klopft an eine Tür, ein Mädchen öffnet ihm. In einem Umhang, der die beiden unsichtbar macht, sind sie geschützt. Als der Junge wieder nach dem Auto schaut, sieht der Zuschauer, dass auch er tot auf der Rückbank des Autos liegt. Es ist seine Seele, die umherirrt und Schutz sucht. Raoul Al Majidi, Regisseur des Films »Just Came Back« über einen heimkehrenden Soldaten, sagt: »Nach 13 Jahren Gewalt und Krieg musst du dich damit auseinandersetzen und etwas ändern!«

Ähnlich ist es bei vielen iranischen Filmen auf dem Festival. So befasst sich Hasan Najimbadi mit der Gewaltkultur im Fernsehen und ihrer Wirkung auf Kinder (Peace) und Mona Abdulashahi in ihrem mit dem ersten Preis für Animation prämierten Film »Little Boy« mit einem Atomwaffenabwurf. Donya Karamzadeh zeigt in ihrem Animationsfilm »Looking for Life« die Schrecken des Krieges, beendet ihn jedoch mit einem bunten Bild des Lebens. Zahra Turkmenlu lässt in ihrem fiktionalen Film »The Cavity« einen Soldaten in ein Haus eindringen und eine Frau erschießen. Er findet ein kleines Kind in seinem Bettchen, das ihn anlächelt.

Der iranische Film hat eine lange Tradition. Er ist inhaltlich breit gefächert. Gleich drei Filme befassen sich mit dem Wohl und Wehe von blinden Männern. Simin Farouk Ahmadis Animationsfilm White spielt ironisch mit dem eigenen Genre, indem er ein reales kleines Mädchen von gezeichneten Figuren über ihre Arbeit als Zeichnerin befragen lässt. Des Weiteren treten Außenseiter wie der stumme »Kasco« auf oder einsame, arme Menschen in »Here Snow Does Not Melt«. »Second Intersection« von Mahdi Youssefali befasst sich mit dem Tabuthema Abtreibung. Hier wie auch in anderen Filmen sind die Frauen selbstbewusster als ihre Männer.

Der Iran und der Irak öffnen sich der internationalen Filmszene. Beide Länder haben talentierte Filmemacherinnen und -macher, die ernste Anliegen haben und humane Werte verteidigen wollen. Das 3. Al-Nahj-Filmfestival zeigt erste kleine Erfolge auf diesem Weg in die internationale Gemeinschaft. Sein Veranstalter, Kerbala Satellitenkanal, hat mehrere Filme produziert, freilich solche mit religiöser Thematik oder aber Dokumentationen über den Krieg gegen ISIS. Sollen auch die gesellschaftskritischen Filme eine Breitenwirkung entfalten, müssen sie darüber hinaus gezeigt werden. Wenn nicht, werden die Filmtalente ins Ausland gehen. So wie es etwa Ali Munther plant.

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