Kritik zu Trübe Wolken

© Salzgeber

Das atmosphärisch dichte Kinodebüt von Christian Schäfer um einen 17-jährigen Außenseiter gehörte zu den Highlights des letztjährigen Max Ophüls Preises in Saarbrücken

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Wenn es ein Bild gibt, das diesen Film wie in einem Brennglas kondensiert, dann ist es, wie Paul durch ein Fenster schaut. Paul ist 17, ein Flaneur und Voyeur. Er durchstreift gern die Wälder in der hessischen Provinz, die ehemaligen Eisenbahntunnel, liebt es, in Häusern rumzuschnüffeln, in fremdes Leben einzudringen, persönliche Sachen mitzunehmen. Von Anfang an ist ein Geheimnis um diesen Jungen, der immer ein Außenstehender bleibt und doch im Alltag, in der Schule, zu funktionieren scheint. Auch eine Mitschülerin, die theaterbegeisterte Dala (Valerie Stoll), sucht seine Nähe, genau wie der frisch zugezogene David mit eindeutig homoerotischen Avancen. David und Dala – diese Alliteration kommt sicherlich nicht von ungefähr, vielleicht die zwei Pole seines Begehrens. Aber welches Geheimnis Paul, der so unbedarft schauen kann, nun genau birgt, »Trübe Wolken« wird es nie wirklich verraten. 

Mitunter hat man als Zuschauer den Eindruck, Paul laufe herum wie eine tickende Zeitbombe. Und es gibt einen Subtext der Gewalt in »Trübe Wolken«: In der Exposition wird ein Stein von einer Brücke auf das Auto des Lehrers Bulwer (Devid Stresow) geworfen, der an den Rollstuhl gefesselt ist, David verschwindet und wird tot aufgefunden, Dala wird Opfer eines Übergriffs auf der Bühne. Zudem lädt Regisseur Christian Schäfer seinen Film mit Momenten des Unheimlichen auf, mit langen Gängen, mehrfach zu deutenden Situationen und dem Horror der grünen Fliesen und braunen Türen – die Architektur der sechziger und siebziger Jahre setzt die diffuse bis düstere Stimmung dieses Films. Einmal geht Paul mit einem hinter dem Arm versteckten Messer auf Dala zu, nimmt es dann fest in die Hand, wie um zuzustechen – doch nur damit Dala einen Granatapfel zerschneiden kann. 

Es dauert geschlagene fünf Minuten, bis in »Trübe Wolken« der erste Dialog fällt. Christian Schäfer verzichtet in seinem Film auf Erklärungen, erzählt lieber mit dem Mut zur Lücke und zur Leerstelle. Gegen Ende kommt es zu einer erotischen Annäherung zwischen Paul und Dala, in dem verlassenen Haus, in dem er sie auch schon fotografiert hatte. Wir sehen nicht, was dort passiert, nur dass sie sehr schnell mit den Worten »Lass mich los!« fluchtartig das Zimmer verlässt. War Brutalität im Spiel? 

Dem jungen Schauspieler Jonas Holdenrieder gelingt das Kunststück, Paul als alerten Nobody, in dem es aber brodeln könnte, zu verkörpern. Und Valerie Stoll (die jetzt durch die Serie »Eldorado KaDeWe« einem breiten Publikum bekannt wurde) spielt Dala bei aller Faszination für Paul so, dass man merkt, wie er ihr Rätsel aufgibt. »Warum bist du so?«, fragt Dala einmal. So wenig dieser Paul genau einzuschätzen ist und bis zum Schluss ein Rätsel bleibt, so lässt sich »Trübe Wolken« auch auf kein Genre oder eine Erzählweise festlegen. Es ist ein Mix aus Coming-of-Age-Drama, Thriller und Horrorfilm – aber eines der furiosesten Kinodebüts der letzten Jahre.

Meinung zum Thema

Kommentare

Schrott, Schrott, Schrott. 1 1/2 Stunden verschenkte Lebenszeit!

Sie haben den Film nicht verstanden, der war und ist kein Schrott.
Allerdings musste man sich anstrengen, damit man den Faden nicht verlor. Für mich, sehenswert.

nunja da gibt es deutlich bessere Filme, einfach nur langweilig und ermüdend

Vielschichtige und interessante Geschichte, voller Geheimnisse.
Alle Figuren sind durchdacht, überzeugend und authentisch.
Kleine kriminalistische Fehler am Ende.
Sehr sehenswert, nichts zum Konsumieren.

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