Kritik zu A Symphony of Noise

© Rise and Shine Cinema

2021
Original-Titel: 
A Symphony of Noise
Filmstart in Deutschland: 
02.09.2021
L: 
96 Min
FSK: 
keine Beschränkung

Zuhören macht die Welt besser. Auf jeden Fall: interessanter. Matthew Herbert zeichnet den Klang des Alltags auf. Der Filmemacher Enrique Sánchez Lansch hat ihn zehn Jahre lang bei seinen Expeditionen beobachtet

Bewertung: 4
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Es beginnt in absoluter Dunkelheit, in einem der tiefsten Ozeangräben des Pazifiks. Es ist 3:30 Uhr nachts, erklärt eine Stimme, ein Loch ist senkrecht in den Meeresboden gebohrt worden, und ein Mikrofon zeichnet die bislang ungehörten Geräusche riesiger, sich verschiebender Erdplatten auf. Zugleich übertragen zwölf Lautsprecher den Klang schlafender Menschen aus allen Ecken der Welt. Nimmt jemand ihr Atmen wahr? 

Der kreative Kopf hinter diesem Experiment ist Matthew Herbert, der sich sicher ist: genaues Zuhören macht die Welt besser. Der britische Audiokünstler meint es ganz konkret: Er lauscht und zeichnet auf, den Schall des Alltags, so banal und abwegig er für andere scheinen mag, und verwandelt ihn in Musik. Das kann das Fällen eines Baumes sein, das Ziehen eines Backenzahns oder eine Schwimmerin, die den Ärmelkanal durchquert. Das differenziertere akustische Wahrnehmen ist für ihn ein politischer, ja revolutionärer Akt wie bei seinem Konzept­album »One Pig«, in dem er das Leben eines Mastschweines von der Geburt bis zur Schlachtung dokumentierte. Zu Rhythmen verarbeitet, werden daraus oft mitreißende Elektro-Dancetracks, mit denen er weltweit angesagte Klubs wie das Berliner Berghain beschallt, wo die Partygäste oft nur ahnen, wozu sie da gerade ekstatisch tanzen. 

Aber Herbert hat mehr als genug Sendungsbewusstsein, das Publikum immer wieder herauszufordern. Er selbst bezeichnet sich als »Komponist und Autor und Macher von Dingen – und hoffentlich Unruhestifter« –, das trifft es ziemlich gut, wie diese sehens- und vor allem hörenswerte Entdeckungsreise durch seine Gedanken- und Klangwelten zeigt. Eine immersive Dokumentation mit langem Atem: Regisseur Enrique Sánchez Lansch hat den Visionär über einen Zeitraum von zehn Jahren begleitet und lässt das Publikum an seinen Erfahrungen unmittelbar teilhaben. Vor allem aber hört man danach ganz anders auf die Klangkulisse der eigenen Umwelt. Und kommt ins Staunen.

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