Kritik zu Eat That Question – Frank Zappa

Trailer englisch

2016
Original-Titel: 
Eat That Question – Frank Zappa
Filmstart in Deutschland: 
08.12.2016
L: 
90 Min
FSK: 
Ohne Angabe

Wer war der Mann mit dem markanten Bart, der als Musikgenie und provokanter Oberfreak in die Rockgeschichte einging? Thorsten Schütte porträtiert die Ikone in ihren eigenen Worten

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»Always a freak, never a hippie.« Frank Zappa wehrte sich gegen all die bis heute virulenten Klischees um seine Person: Ein dauerbedröhnter Hippie in furchterregenden Outfits? Außer für Kaffee und Zigaretten hatte Zappa kein Faible für Drogen, auch seinen Mitspielern untersagte er den Konsum bei der Arbeit. So verrückt Zappa und die Mothers of Invention wirkten, so diszipliniert waren sie in Wahrheit. Der Wahnsinn war Methode, Improvisation fand stets auf der Basis akribischer Vorbereitung statt. Und Zappa als Speerspitze der Hippiebewegung? Ihm ging es um die Musik und die Freiheit des Ausdrucks. Parolen wie »Love, Peace and Happiness« waren Ziele seines Spotts, nicht weniger als Bigotterie und Beschränktheit des »Establishments«.

Dem Komponisten, Sänger, Gitarristen und Gesellschaftskritiker (sowie brillanten Selbstdarsteller), der 1993 im Alter von nur 52 Jahren starb, aber ein gigantisches, ungeheuer vielfältiges Werk hinterlassen hat, nähert sich der erfahrene Musikdokumentarist Thorsten Schütte ausschließlich anhand von Archivmaterial und in Zappas eigenen Worten. In achtjähriger Arbeit und mit Unterstützung von Zappas Familie hat er Bekanntes und Entlegenes zusammengetragen, Interviews und Fernsehauftritte, Konzertaufnahmen und privates Material.

Ein solches Unterfangen lebt von der Montage, und Schütte und sein Editor Willibald Wonneberger haben wunderbare Arbeit geleistet. Sie bringen das Material zum Sprechen auch über das Gesprochene hi­naus, lassen Statements vorherige differenzieren oder ihnen widersprechen, spiegeln die ganze Bandbreite von Zappas Schaffen. Zwischen populärer und »ernster« Musik existiert da keine Grenze. Ein Rocksong über bizarre Sexpraktiken konnte nahtlos in ein von Varèse oder Strawinsky inspiriertes Stück übergehen, eine Free-Jazz-Impro in eine perfekt ausgefeilte Progrock-Extravaganza, eine surreale Geräuschcollage in einen Tango mit Publikumsmitwirkung. Und während das eingängige, doch bitterböse »Bobby Brown« in Norwegen als Schmusesong rezipiert wurde – worüber Zappa sich in einem Interviewausschnitt herzlich amüsiert –, studierte zur gleichen Zeit Kent Nagano in London Orchesterwerke des Meisters ein.

Diese unerhörte Wandlungsfähigkeit spiegelt »Eat That Question« in spannungsvoller Kombinatorik, die einen eigenen, reizvollen Rhythmus findet. Annähernd chronologisch entsteht ein vielschichtiges Porträt, von einem skurrilen frühen TV-Auftritt (noch ohne Bart, dafür mit Anzug und Krawatte) über seine beständigen Kämpfe gegen Zensur bis hin zur Anerkennung als Komponist und zu einem seiner letzten Interviews, bereits im Angesicht des Todes – ein bewegendes Dokument.

Zappas Humor und Scharfsinn tragen den Film, auch weil seine Gesellschaftskritik nichts von ihrer Aktualität eingebüßt hat. Und wenngleich weniger schöne Seiten seiner Unkorrektheit nicht ausgespart werden, etwa sein unverhohlener Machismo, entsteht ein durchaus warmherziges Bild. Nicht nur dem Künstler, auch dem Menschen Zappa ist man am Ende nähergekommen.

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