Kritik zu Der Tod ist ein Arschloch

© Mindjazz Pictures

2025
Original-Titel: 
Der Tod ist ein Arschloch
Filmstart in Deutschland: 
27.11.2025
L: 
79 Min
FSK: 
6

Immer mehr Menschen werden Bestatter. Der Dokumentarfilmer Michael Schwarz porträtiert ein Unternehmen, das sich für mehr Selbstbestimmung in der Bestattungskultur einsetzt

Bewertung: 3
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Der Beruf der Sterbebegleitung ist im Trend. Zwei Dekaden nach der HBO-Serie »Six Feet Under« hat sich nach Medienberichten in den letzten zehn Jahren die Zahl der Bestatter-Azubis in Deutschland mehr als verdoppelt, 57 Prozent davon Frauen. Im Betrieb von Eric Wrede sind es sogar 75 Prozent, wenn man Hund Paul abzieht. 100 Prozent sind Quereinsteiger – auch der Chef selbst, der sich nach einem Germanistikstudium als DJ ausgetobt hatte. Unter den Mitarbeiterinnen ist eine Schauspielerin, eine andere war mit einem Kosmetikstudio selbstständig. Irgendwann vermissten sie bei diesen Tätigkeiten den Sinn. Dann begegnete ihnen im rechten Moment ein Mensch oder ein Erlebnis, das sie zu ihrem neuen Beruf brachte. Jetzt arbeiten sie bei »lebensnah«, einem 2014 in Berlin von Wrede gegründeten Unternehmen, das sich mit Leidenschaft für eine Öffnung der normierten und tabubesetzten deutschen Bestattungskultur zu mehr Selbstbestimmung einsetzt. Und dabei auch im Betriebsablauf – von der Abholung über das Waschen der Leichen bis zu Trauergespräch und -feier – ganz von dem intensiven Austausch mit den Toten, ihren Angehörigen und ihren individuellen Wünschen lebt.

Regisseur Michael Schwarz (»Die Kandidaten«, 2017) setzt in seinem Dokumentarfilm auf die beobachtende Begleitung dieser Arbeitsabläufe und einige Einzelgespräche mit Eric Wrede und seinen Mitarbeiterinnen. Auch diese sind mit auffälliger Hingabe bei ihrer selbsterwählten Tätigkeit, die ja auch »etwas mit Menschen« ist. Und obwohl diese hier ihren letzten Atemzug schon getan haben, gibt es ausgesprochenes Interesse für die Persönlichkeiten der Verstorbenen und verbale Ansprachen an den Leichnam bei den jeweiligen Tätigkeiten. Dazu kommen bei »lebensnah« und im Film individuelle und kollektive Trauerbegleitung, Beratung für Freunde und Fremde, Sterbende oder ganz Junge.

Zum roten Faden wird der nahende Krebstod der eng vertrauten Gabi Kohn, die selbst eine Pionierin selbstbestimmter Bestattung in Deutschland war und mit einem Freund in Wredes Büro ausführlich die Planung der eigenen Trauerfeier bespricht. Diese würde auch ohne spezielle Einladungskarten ein Großereignis werden, meint Gabi, weil die Nachricht von ihrem Tod in Berlin-Kreuzberg schnell Wellen schlagen werde. Genau so kommt es, als Gabi dann nicht mehr ist und ein Chor aus Freundinnen im Gegensang mit der prall gefüllten Neuköllner Genezarethkirche schwingt.

Dabei gelingt es der Kamera von Alexander Griesser hier wie an den intimeren Drehorten, das Gleichgewicht zwischen Nähe und Distanz zu finden, die Montage oszilliert subtil zwischen Momenten von Verzweiflung, Trauer, Fürsorge und Heiterkeit. Dass Wrede als begnadeter Selbstvermarkter auch mit Podcast, Kolumne und Buch-Bestseller medial präsent ist, spart der Film aus, der sicherlich ein funktionierender Imagefilm für die Firma »lebensnah« ist. Wenn es weitere Mitstreiter in Sachen individuelle Sterbebegleitung auf den Plan bringt, ist das völlig okay.

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