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Die fünfte Adler-Olsen-Verfilmung um den Kommissar Carl Mørck muss mit neuer Besetzung vor und hinter der Kamera auskommen – und scheitert
Ein misanthropischer Kommissar, ein leutseliger Kollege, dazu ein übles Verbrechen, flankiert von mehreren zunächst verbindungslosen Geschichten, die dann natürlich in unmittelbarem Zusammenhang stehen, im Idealfall gibt es noch hübsche Landschaftsbilder und Stadtpanoramen – fertig ist der Skandinavien-Krimi. Egal ob Mankells Wallander oder Adler-Olsens Mørck, das Konzept »Nordic Noir« geht seit mehr als zwanzig Jahren mehr oder minder gut auf. Autoren wie Jussi Adler-Olsen schreiben Romane in Serie, die mit Verlässlichkeit verfilmt werden. Mit »Erwartung – Der Marco-Effekt« kommt nun die fünfte Adler-Olsen-Adaption um den Sonderermittler Carl Mørck in die Kinos – mit neuer Besetzung vor und hinter der Kamera. Das geht gründlich schief und zwar aus gleich mehreren Gründen.
Da ist zunächst die Geschichte: Die Handlung der knapp 600-seitigen Romanvorlage stampfen die Drehbuchautoren Anders Frithiof August und Thomas Porsager auf quälend lange zwei Stunden zusammen, wobei die Logik allzu oft auf der Strecke bleibt. Bei einer Kontrolle in einem Zug aus Rumänien nehmen dänische Beamte den 14-jährigen Marco (Lobus Olàh) fest und finden eine Seite des Reisepasses von William Stark bei ihm. Der Regierungsbeamte ist seit Jahren verschwunden, nachdem er sexueller Übergriffe beschuldigt wurde. Der Fall lag damals im Sonderdezernat Q der Kopenhagener Mordkommission, und nun müssen Kommissar Mørck (Ulrich Thomsen) und sein Partner Assad (Zaki Youssef) ihn wieder aufnehmen, treffen auf eine ehemalige, mutmaßlich missbrauchte Schwimmschülerin Starks, auf Ehefrau und Tochter, auf einen schmierigen Hilfsorganisationsboss mit engen Kontakten zur Regierung (Anders Matthesen). Da ist ein Clan-Chef, der Marco und dessen Vater in den Händen hat, der irgendetwas weiß, was nicht nur dem Clan-Chef, sondern auch Dänemarks Regierung gefährlich werden kann. Zusammenhänge werden nur angedeutet, Geschichten laufen ins Leere.
Das holt auch die Inszenierung von Martin Zandvliet nicht heraus: Ein paar düstere Szenen im Rohbau eines riesigen Gebäudes und eine nächtliche Verfolgung in U-Bahn-Schächten reichen für die Spannung nicht aus. Von dem freundschaftlichen Spannungsfeld zwischen dem bisherigen Mørck-Darsteller Nikolaj Lie Kaas und dem charismatischen Fares Fares als Assad ist leider auch nichts übrig geblieben. Nicht einmal der Titelfigur gönnen Regisseur und Drehbuchautoren etwas eigenen Raum. Warum ist der Junge allein auf dem Weg von Rumänien nach Dänemark? Was hat es mit seiner toten Mutter auf sich? All das wird stets nur behauptet, Entwicklungen gibt es nicht, ebenso wenig überraschende Wendungen. Denn darüber, dass die Verleumdung und das Verschwinden von William Stark der Vertuschung tatsächlicher und viel größerer Verbrechen diente, bestand von der ersten Minute an keinerlei Zweifel. Dass das allerdings derart uninspiriert geschieht, ist zweifellos ein Ärgernis und langweilig obendrein.