Randgebiete

»Chamissos Schatten« (2016). © Ulrike Ottinger

Beringsee. Alaska, Aleuten. Wrangelinsel. Kamtschatka. Hilfreich ist, dass Ulrike Ottinger anfangs auf einer Karte die Route der »Rurik«-Expedition des frühen 19. Jahrhunderts zeigt, von der die Berichte des Autors Adelbert von Chamisso erhalten sind. 200 Jahre später war Ottingers Reise in diese Randgebiete der Zivilisation immer noch ein abenteuerliches Unterfangen: »Nicht unbedingt das, was ältere Damen sich unter Wellness vorstellen.« Es ist das größte Projekt der Regisseurin, auch wenn sie einiges hinter sich hat, wie etwa den 8-Stunden-Film »Taiga« (1992). Da sie eine begnadete Kamera­frau ist und die fernen Orte so spektakulär wie ungewöhnlich sind, ist »Chamisso« mit seinen fast 12 Stunden zwar lang, aber nie langweilig. Man kann die drei Kapitel, aus denen er besteht, auch einzeln schauen, wie es für das Kino vorgesehen ist. Man sieht wunderschöne, einsame, strenge Landschaften. Der bildmächtige Film stellt sich ausdrücklich in die Tradition der historischen Forschungsreisenden, besonders Chamissos und Georg Wilhelm Stellers, der die Gegend schon Mitte des 18. Jahrhunderts bereiste. Besonderes Interesse gilt der Frage der Erhaltung der indigenen Kultur. Der ruhige Fluss der Bilder ist geprägt von Stilmitteln des Berichtens und Zeigens: lange Einstellungen, langsame Schwenks, geduldiges Zuhören. Am Schluss hat man auch als Zuschauer eine weite Reise hinter sich.

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