Eine Wiedergutmachung

»Der Schatz« (2015). © Grandfilm

Zuweilen passiert es, dass mir etwas, das ein Filmemacher sagt, lebhafter in Erinnerung bleibt als der Film, über den er es sagt. In den 80er Jahren beispielsweise las ich in der US-Zeitschrift »Film Comment« ein Interview mit der französischen Regisseurin Diane Kurys, die über die kathartische Wirkung sprach, die ihre bisherigen Filme hatten. Sie reflektierten ihre unglückliche Kindheit und komplizierten Familienverhältnisse. Und dann fügte sie den unvergesslichen Satz hinzu: »Filming well is the best revenge.«

Wie man mit einem guten Film Vergeltung üben kann für die Beutelungen des Lebens, führt jetzt »Der Schatz« von Corneliu Porumboiu vor. Er ist gerade in Deutschland und Österreich gestartet und erntet begeisterte Kritiken. Leider war in meiner Rezension für die Oktoberausgabe kein Platz, um auf einen abenteuerlichen Aspekt seiner Entstehung einzugehen. Ich bin auf ihn in einen Interview gestoßen, das der Rumäne der blutjungen französischen Zeitschrift »La septième Obsession« (ein Wortspiel, das sich auf das Kino als die siebte Kunst bezieht) gab. Es traf sich prächtig, dass ein Themenschwerpunkt der Ausgabe Rachefilmen von Clint Eastwood bis zu »The Assassin« gewidmet war.

Porumboiu berichtet von seinem gescheiterten Vorhaben, eine Dokumentation über Adrian Purcarescu, einen befreundeten Regisseur, zu drehen. Der hatte vor zehn Jahren mit der Arbeit an einem Film begonnen, den er bis heute nicht fertigstellen konnte. Meine Internetrecherche zu Purcarescu ergab nicht viel. Die IMDB führt ihn als Schauspieler, der im Abstand von 20 Jahren nur in zwei Filmen aufgetreten ist. Der zweite ist »Der Schatz«. Er verkörpert den dubiosen Nachbarn, der in Garten des geerbten Landhauses einen Goldschatz vermutet. Mit seinem Auftritt bekommt er nun die Chance, sein eigenes Schicksal nachzubessern.

Bei den Dreharbeiten zur Dokumentation schilderte er Porumboiu die Szenen seines eigenen Films, die noch fehlen. Und sie basieren auf eben jener lokalen Legende, die auch die Geschichte von »Der Schatz« in Gang bringen. Daraufhin brachen Porumboiu und Purcarescu mit der Dokumentarfilmcrew auf, um im Garten des Großvaters nach Gold zu suchen. Das lief genauso ab, wie es in »Der Schatz« zu sehen ist: mit einem Spezialisten und zwei Metalldetektoren, von denen der eine geräuschvoll auf Metallablagerungen im Erdreich reagierte und der andere dessen Beschaffenheit in 3-D-Bildern zeigt. Das Team lachte sich anfangs scheckig über die beiden Apparate. Dann aber wurde es von einem geradezu kindischen Fieber ergriffen: Es gab keine Ruhe, bis der ganze Garten umgegraben war. Aber falls er tatsächlich einen Schatz barg, gab er ihn nicht preis. Porumboiu drehte den Spielfilm, um dem Leben diese herbe Enttäuschung heimzuzahlen. Jetzt darf sich das Pech der Schatzsucher in unser Kinoglück verwandeln.

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