Film des Monats Oktober »The Square«

© Alamode

Empfohlen von der Jury der Evangelischen Filmarbeit

Christian ist im besten Alter, attraktiv, eloquent, geschieden. Die beiden Kinder leben bei seiner Frau, und so kann er sich seiner Karriere widmen: Er arbeitet als Chefkurator eines großen Museums für zeitgenössische Kunst in Stockholm. In dieser Szene kann es nicht schaden, wenn man eine auffällige Brille trägt, Elektroauto fährt und linksintellektuell ist. Bei Christian läuft es gut; gerade hat ein Sponsorenpaar viel Geld auf den Tisch gelegt, und das Museum konnte eine aufregende neue Installation anschaffen: The Square, ein Quadrat im öffentlichen Raum, das jedem, der es betritt, Schutz bieten soll, und den, der es betrachtet, zur Solidarität auffordert. Ein Trickbetrug auf der Straße, der Christian um Brieftasche und Handy bringt, und eine aus dem Ruder laufende Marketingkampagne für den Square stellen jedoch den Kurator und schließlich die ganze Kulturschickeria der Stadt auf die Probe: Ihre  freigeistige, politisch korrekte Haltung wird vom Alltag herausgefordert.

Sitzt da Julian Schnabel in seinem Pyjama? Ist das ein Ai Weiwei im Hintergrund? Der schwedische Regisseur Ruben Östlund, der für »The Square« in Cannes die Goldene Palme bekam, kennt sich in der Kunstszene gut aus – sein Film steckt voller Anspielungen und Verweise. Aber er setzt keine Insiderkenntnisse voraus. Denn im Verlauf der klug gebauten Geschichte, aus der komische, dialog- und pointenreiche Einzelszenen wie Sketche herausragen, dringt immer mehr »Welt« ins abgehobene Spiel der Künstler und Kulturfunktionäre, der Feuilletonisten und Sponsoren. Die Entwicklung kulminiert in Christians Konfrontation mit einem Kind aus einer Migrantenfamilie, das in Verdacht geraten ist, sein Handy gestohlen zu haben. Der Kurator steht nun gewissermaßen selbst am Square, müsste eine Entscheidung treffen, die auf Empathie gegründet ist. Satirisch, aber mit feinem Gespür für die Mikrostrukturen sozialen Verhaltens schildert  »The Square« eine Gesellschaft, die sich einen liberalen Habitus leistet, in der »Solidarität« am Ende aber nicht mehr ist als ein Lippenbekenntnis.
 

Start am  19.10.

... zur Kritik von Gerhard Midding

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