Hände weg von der Fernbedienung!

Unsere "steile These" des Monats November
Drohnenkameras

Die dritte Dan-Brown-Verfilmung »Inferno« ist wieder eine atemlose Schnitzeljagd. Und damit wir immer wissen, wo wir sind, servieren Regisseur Ron Howard und sein Team uns gerne Einstellungen von ganz oben. Die Kathedrale von Florenz und das Häusergewusel der Altstadt, Venedig mit dem fragezeichenförmigen Canal Grande aus der Luft – das ist technisch heute überhaupt kein Problem mehr: Man schickt eine Drohne mit einer Kamera dran in die Luft, und es sieht schon irgendwie gut aus. Man kann das nicht nur in Big-Budget-Filmen beobachten, sondern auch in kleineren Produktionen. In San Sebastián lief Baltasar Kormákurs Selbstjustizfilm »The Oath«, in dem ein Vater den Freund seiner Tochter, einen Dealer, gefangen hält. Der Vater ist leidenschaftlicher Radfahrer, und die Kamera verfolgt ihn aus der Luft, ganz klein, vor dem Hintergrund der Weite der isländischen Winterlandschaft. Nicht einmal zeigt sie ihn, sondern gefühlte fünf Mal. Früher hätte man das ganz anders gelöst: mit einer Einstellung von der Seite oder seinem angestrengten Gesicht von vorne.

Aufnahmen aus der Höhe waren früher schwer zu realisieren; man brauchte einen Kran (samt Personal) oder einen Helikopter (mit Genehmigung). Die Drohne macht es leichter – man muss nur mit der Fernbedienung umgehen können. Die Folge ist ein nachgerade inflationärer Einsatz. Und der wird auf Dauer fad. Wie am Anfang der Steadycam-Technik, die fließenden, unverwackelten Handkameraeinsatz ermöglichte. Eine Luftaufnahme suggeriert Erhabenheit, da erhebt sich quasi der Film über seine Figuren. Den Trick braucht man aber nicht allzu oft – er verschleißt sich schnell. Die Drohnentechnik wurde im militärischen Einsatz perfektioniert, für gezielte Attentate, und wir wissen ja seit Paul Virilio um die Zusammenhänge von Krieg und Kino. Aber hat sich der Blick von oben nicht sowieso diskreditiert? Jeder Kriegs- oder Geheimagentenfilm führt heute vor, wie leicht die Strategen in den militärischen Schaltzentralen uns mit ihren Satelliten ausspähen können. Einmal mit der Maus klicken oder auf dem Bildschirm wischen, dann ist auch Ihr Haus auf dem Monitor. Da lobe ich mir doch das Kino von unten.

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