Nachruf: Rob Houwer

Rob Houwer

Rob Houwer

13. 12. 1937 – 4. 7. 2025
 

Produzenten stehen meist im Schatten ihrer Filme – und mehr noch: ihrer Regisseure, sieht man einmal von Legenden wie Erich Pommer oder Atze Brauner ab. Man unterschätzt oft ihre Kreativität beim Geldbeschaffen oder auch ihre inhaltliche Mitwirkung. Der in Hoogeveen in den Niederlanden geborene Rob Houwer jedenfalls gehörte zu den Wegbereitern eines neuen deutschen Autorenkinos, speziell in seiner damaligen Heimatstadt München und deren Umfeld, er arbeitete etwa mit Schlöndorff, Fleischmann, Schaaf oder Michael Verhoeven, er schob nach seiner Rückkehr in die Niederlande die Karriere seines Landsmannes Paul Verhoeven an und produzierte seine frühen Filme – die Verhoeven auch international bekannt machten. Das sollte eigentlich schon genügen, um Houwer einen festen Platz in der Filmgeschichte zu sichern. Abgesehen davon, dass die von ihm produzierte Vietnam-Parabel »O. K.« von Michael Verhoeven 1970 für einen Abbruch der Berlinale sorgte. 

Houwer studierte Ende der Fünfziger am Deutschen Institut für Film und Fernsehen in München, einem Vorläufer der heutigen Filmhochschule, er drehte Kurzfilme und gründete 1959 schon seine eigene Produktionsfirma. 1962 unterzeichnete er – als Jüngster – das Oberhausener Manifest, das ja in München entstand und die Abkehr von »Papas Kino« forderte. Houwer hat damals viele Kurzfilme, auch seine eigenen, produziert, und der markanteste in diesen Jahren ist sicherlich »Madeleine, Madeleine« (1963) des Filmanarchisten Vlado Kristl, ein aus dem Ruder laufendes Tennisspiel im Englischen Garten.

Einer der besten Filme von Volker Schlöndorff ist immer noch »Mord und Totschlag« (1967), den Houwer produzierte, Schlöndorffs zweiter Film (nach »Der junge Törless«, den der »Altproduzent« Franz Seitz finanzierte), eine schwarze Komödie mit Anita Pallenberg und Hans Peter Hallwachs, die davon handelt, wie ein Trio eine Leiche nicht wieder loswird. Houwer vertraute in der zweiten Hälfte der sechziger Jahre auf Debütfilme: Johannes Schaaf drehte das Sozialdrama »Tätowierung« (1967, es war auch Houwers erster Langspielfilm) und Peter Fleischmann 1968 »Jagdszenen aus Niederbayern« über die Ausgrenzung eines Homosexuellen in der Provinz, ein Meilenstein des deutschen Films in dieser Zeit. Bübchen (1969) von Roland Klick ist so etwas wie ein stiller Familienhorrorfilm, der eine kleinbürgerliche Familiensituation in ihrer ganzen Trostlosigkeit seziert. Klick wollte damals in dem Haus seiner Eltern drehen (wie jüngst Tim Ellrich in Im Haus meiner Eltern) – und Produzent Houwer schickte die Eltern auf eine Weltreise …

1967/68 produzierte er »Engelchen oder Die Jungfrau von Bamberg« unter der Regie des emigrierten Bulgaren Marran Gosov, eine nette Erotikkomödie, in der ein Mädchen aus der Provinz in der turbulenten Großstadt München seine Jungfräulichkeit verlieren will. Ein Schwabinger Szenefilm, charmant, vielleicht nicht so zielgerichtet wie »Zur Sache, Schätzchen« von May Spils, der ein paar Monate früher in die Kinos kam. Man hat Houwer immer vorgeworfen, dass er seinem »Engelchen« noch vier Fortsetzungen folgen ließ. Das verkennt aber die Produktionsbedingungen jener Jahre, in denen es noch keine Filmförderung gab. Viel mehr als heute musste der Produzent mit eigenem oder geliehenem Geld arbeiten. Eine große Macht hatten die Verleiher, die Vorschüsse vergaben. Erst ab 1968 setzte die Filmförderung ein, eine reine Referenzfilmförderung (ohne kulturelle Punkte wie heute): Für Kassenerfolge gab es weiteres Geld. »Engelchen« hatte drei Millionen Besucher …  

Rund 20 Filme hat Houwer noch in den Niederlanden produziert, wo er sich auch als ein Pionier des privaten Fernsehens betätigte. Das Meisterwerk aus Houwers niederländischer Periode ist sicherlich der epische »Der Soldat von Oranien« (1977) von Paul Verhoeven, an dessen drei vorangegangenen Filmen, »Was sehe ich …! Was sehe ich ...!« (1971), »Türkische Früchte« (1973) und »Das Mädchen Keetje Tippel« (1975), Houwer auch schon beteiligt war. Verhoeven gelang in Der Soldat von Oranien anhand einer Gruppe Studenten ein Gesellschafts–porträt der Niederlande während der Naziokkupation, zwischen Widerstand und Kollaboration, aber auch ohne nationalistischen Unterton. 2022 wurde der Film in die Liste des UNESCO-Weltdokumentenerbes aufgenommen.

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